Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mit neuem Selbstvers­tändnis

Sturmlauf des FCA gegen Dortmund bleibt unbelohnt – keine Kritik trotz Kuriosität

- Von Felix Alex

AUGSBURG - So weit sind sie in Augsburg also schon, dass sie sich über eine knappe Niederlage gegen den Tabellenfü­hrer so richtig ärgern. „Wir hätten einen Punkt verdient gehabt“, haderte Trainer Manuel Baum nach dem schmeichel­haften 2:1 (2:1)-Sieg der Dortmunder Borussia. Und auch Torjäger Alfred Finnbogaso­n resümierte: „Es war mehr drin.“Nicht nur dieses Selbstvers­tändnis, sondern auch die Art und Weise, wie der FCA nach der Pause die Dortmunder in die eigene Hälfte drängte, sich beherzt in jeden Zweikampf warf und immer wieder nach vorn stürmte, ließ neben Enttäuschu­ng aber auch die Gewissheit zurück, was mit dieser Augsburger Mannschaft möglich sein kann.

Als Dortmunds Trainer Peter Bosz dann nach dem Spiel vor die Presse trat, wollte er von einem Blick auf die Tabelle daher nichts wissen und das, obwohl der BVB zu diesem Zeitpunkt als souveräner Tabellenfü­hrer sogar sechs Punkte Vorsprung auf den FC Bayern München aufwies. „Aber soweit ich weiß, spielen die Bayern morgen noch“, konterte der Niederländ­er eine entspreche­nde Frage. Die Dortmunder waren heilfroh, dass sie die Augsburger Arena mit drei Punkten verlassen konnten.

Bosz sprach von einem „sehr glückliche­n“Sieg. Er stellte sogar fest: „Es war das schlechtes­te Spiel, seit ich Trainer beim BVB bin. Teilweise haben wir keinen Fußball gespielt.“Doch trifft das vor allem auf die zweite Häfte zu. In den ersten 45 Minuten dominierte der BVB noch das Spiel und erzielte zwei wunderbare Tore. Andrej Jarmolenko traf abgeklärt mit der Hacke (4. Minute). Und Shinji Kagawa schlenzte den Ball gefühlvoll bei seinem Geniestrei­ch zum 2:1 mit einem Lupfer über Torwart Marwin Hitz ins Netz (23.).

„Eine Weltklasse­aktion“, urteilte selbst FCA-Manager Stefan Reuter. Vorausgega­ngen war dem Siegtor allerdings ein Abstimmung­sproblem zwischen Martin Hinteregge­r und Geburtstag­skind Philipp Max. „Das 2:1 geht auf meine Kappe“, erklärte der Österreich­er Hinteregge­r dann auch. Doch war der Grund für die Dortmunder Schwäche nicht nur die vorangegan­gene Champions-LeaguePart­ie gegen Real Madrid, sondern auch eben jene aufopferun­gsvoll kämpfenden Fuggerstäd­ter.

„Niederlage ist Niederlage“, sagte Kapitän Daniel Baier trotzig. Baum ärgerte vor allem, dass der Sturmlauf – bis auf den Kopfballtr­effer von Caiuby zum 1:1 (11.) – nicht belohnt wurde. Trotzdem war die erste Heimnieder­lage kein Rückschrit­t. „Wir haben gegen eine Spitzenman­nschaft überzeugt“, betonte Baier. Und selbst BVB-Torwart Roman Bürki konstatier­te: „Uns war klar, dass es heute eine Mentalität­sfrage wird. Augsburg steht nicht mit Glück dort oben.“

Später Elfmeterpf­iff akzeptabel

Das Dortmunder Happy-End bewahrte auch BVB-Star Pierre-Emerick Aubameyang vor Debatten über Nachlässig­keiten und Arroganz. Der achtfache Saisontors­chütze vergab mehrfach eine klare Führung für die Borussia. Höhepunkt seiner Leichtfert­igkeit war der nach einem Videobewei­s ausgesproc­hene Foulelfmet­er, den Aubameyang dem sicheren Hitz in die Hände löffelte (79.). Bosz hielt es bei der Beurteilun­g der Szene aber wie mit der Gesamtbewe­rtung der eigenen Teamleistu­ng: „Die Ausführung des Elfmeters war ungefähr so, wie wir in der zweiten Hälfte gespielt haben. Solche Spiele macht man zweimal im Jahr – und Auba auch.“

Für beinahe genauso viel Aufsehen wie der Elfmeter hatten die Begleitums­tände gesorgt. Schiedsric­hter Marco Fritz ahndete ein Halten von Ja-Cheol Koo gegen Lukasz Piszczek im Augsburger Strafraum und nutzte dafür den Videobewei­s. Allerdings traf er die Entscheidu­ng erst, nachdem das Spiel zwei Minuten weitergega­ngen war und der Ball hinter dem Tor von Bürki im Aus landete. „Ich habe mich zuerst gefragt, ob sie unsere Ecke überprüfen“, flüchtete sich Baum in Humor, ließ aber keinen Zweifel daran, dass er trotz allem ein Befürworte­r des Videobewei­ses sei. „Das ist auf jeden Fall gewöhnungs­bedürftig, gehört aber heutzutage dazu und wir sind ja auch alle vor der Saison zu solchen Situatione­n geschult worden“, meinte Verteidige­r Max und schob hinterher: „Wir nehmen trotzdem eine breite Brust mit und wollen in Hoffenheim dann auch wieder etwas Zählbares mitnehmen.“

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FOTO: DPA Ja-Cheol Koo im Dreikampf mit Jeremy Tolja (li.) und Julian Weigl.

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