Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Rückmeldun­g stärkt Selbstbewu­sstsein

Lob oder Kritik: So finden Mütter und Väter die richtigen Worte

- Von Daniela Schumacher, dpa

Schon im Kindergart­en fangen Kinder an, sich zu vergleiche­n: Können die Freunde besser laufen, basteln oder lesen? Werden sie mehr gelobt? Das Streben nach Anerkennun­g ist früh da. Eltern fragen sich an dieser Stelle häufig: Wie lobe ich mein Kind richtig? Wie kritisiere ich es, und wie kann ich ihm helfen, mit Niederlage­n oder Problemen umzugehen? Vieles läuft über die richtige Kommunikat­ion.

Markus Dresel forscht an der Universitä­t Augsburg unter anderem zu Lernmotiva­tion: „Das Selbstwert­gefühl hängt – neben anderen Faktoren – davon ab, wie man die Fragen ,Was kann ich gut? Was nicht so gut?’ für sich beantworte­n kann.“Da die eigenen Fähigkeite­n normalerwe­ise nicht direkt sichtbar sind, sind Kinder stark auf Rückmeldun­g angewiesen. Das gilt selbst für Dinge, bei denen es klar ist, ob etwas klappt oder nicht.

Doch was macht eine gute Rückmeldun­g ans Kind aus? Am wichtigste­n ist, dass sie detaillier­t und nicht zu allgemein ist, sagt Hermann Scheuerer-Englisch. Er leitet die Erziehungs-, Jugend- und Familienbe­ratungsste­lle der Diözese Regensburg. „Eltern sollten genau benennen, was ihnen zum Beispiel an einem gemalten Bild gut gefällt.“

Die eigene Leistung akkurat einzuschät­zen, sei gar keine einfache Sache – auch für Erwachsene nicht, weiß Markus Dresel. „Kinder überschätz­en ihre Leistungsf­ähigkeit oft. Dies ist aber sehr sinnvoll und wichtig.“Die Selbstüber­schätzung hilft ihnen, bei Schwierigk­eiten nicht gleich aufzugeben und sich auch komplizier­te Dinge zu trauen. Man sollte ihnen ihren Optimismus deshalb keinesfall­s ausreden.

Mit Nachfragen können Eltern ernsthafte­s Interesse signalisie­ren: „Wie hast du die schwierige Matheaufga­be gelöst? Was war schwer für dich?“Das gibt dem Kind die Möglichkei­t, selbst zu sagen, warum es mit sich selbst zufrieden ist oder nicht. Ist es unzufriede­n, sollte man das nicht beschönige­n.

Scheuerer-Englisch sagt, hier helfe es nicht, das Kind zu überzeugen, dass das Bild, was ihm nicht gefällt, doch schön ist. Stattdesse­n sollte man die Meinung des Kindes ernst nehmen. Später kann die eigene Meinung dazugestel­lt werden. Ein Beispiel: „So wie du es mir erklärst, verstehe ich, dass dir das Bild nicht so gut gefällt. Ich finde es aber gut, dass du so ausdauernd warst und so lange daran gearbeitet hast.“

In der Psychologi­e nennt man dies prozessori­entiertes Loben anstatt ergebnisor­ientiertes Loben. Das bedeutet, dass man die Anstrengun­gsbereitsc­haft des Kindes und die vielen Versuche lobt, anstatt nur aufs Ergebnis zu schielen. Generell ist es wichtig, dass Loben spontan passiert.

Probleme ruhig besprechen

Häufig werden Kinder schon früh von außen mit Leistungsa­nforderung­en konfrontie­rt: Manche Kinder haben Schwierigk­eiten, diese zu erfüllen oder verweigern sich. Hier sei besonderes Feingefühl gefragt, sagt Scheuerer-Englisch. Auf ein trotziges „Kann ich aber nicht“können Eltern liebevoll nachfragen, was das Kind an Unterstütz­ung braucht. Wichtig ist dabei, nicht zu viel zu helfen, sondern genau so viel, wie nötig ist, damit das Kind den nächsten Schritt gehen kann. So machen Mädchen und Jungen die Erfahrung: „Ich kann das ja doch!“

Das Selbstwert­gefühl eines Kindes ist im Wesentlich­en von der Konfliktku­ltur in der Familie abhängig: Eskaliert es schon wegen Kleinigkei­ten, oder können Probleme ruhig besprochen werden? Jochen Waibel ist Familienme­diator und Entwicklun­gspsycholo­ge und sieht vor allem Schimpfen kritisch. Besser ist es, den Kindern auf Augenhöhe zu erklären, warum etwas schiefgega­ngen ist.

Manchmal klappt das nicht sofort, und das Gespräch muss vertagt werden. Dabei sollten Eltern auch auf den Klang ihre Stimme achten. „Wenn die Stimme sanft ist, drückt sie Empathie aus, ist sie laut und blechern, erzielt das eine ganz andere Wirkung: Es signalisie­rt Wut und Anstrengun­g“, erklärt Waibel.

Wichtig ist, Kindern bei Misserfolg­en immer zu spiegeln: „Es geht hier um die Sache – und nicht um dich als Person“. Bei schlechten Noten sollten Kinder nie das Gefühl bekommen, die Eltern sind persönlich von ihnen enttäuscht.

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FOTO: DPA Wer gezielt nachfragt, vermittelt dem Kind ehrliches Interesse. Außerdem können Eltern Rückmeldun­g darüber geben, was das Kind besonders gut gemacht hat.

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