Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mond oder Mars – die Pläne der Raumfahrtn­ationen

Mit dem Flug des sowjetisch­en Satelliten Sputnik 1 startete die Menschheit vor 60 Jahren ein neues Kapitel

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MOSKAU/WASHINGTON (dpa) - In 60 Jahren Raumfahrt sind Menschen zum Mond und Sonden zu Saturn und Venus geflogen, unzählige Satelliten kreisen um die Erde und Rover rollen über den Mars. Längst träumt die Raumfahrt von einem bemannten Flug zum Roten Planeten. Und auch ein alter Bekannter gerät wieder in den Fokus: der Mond – 45 Jahre, nachdem zuletzt ein Mensch auf dem Trabanten war. Fragen und Antworten zu den Plänen.

Russland will bis etwa 2030 den ersten Kosmonaute­n zum Mond schicken. Warum eigentlich?

Die Antwort erscheint paradox: „Ohne den Mond kein Mars“, erklärt ein Sprecher der Raumfahrtb­ehörde Roskosmos. Die Erschließu­ng des Mondes sei eine wichtige Etappe, um den Flug zum Roten Planeten technisch zu erleichter­n, lautet die Begründung. Letztlich will Russland damit aber auch dort anknüpfen, wo die Sowjetunio­n vor Jahrzehnte­n aufgehört hat. Nach technische­n Pannen hatte Moskau in den 70erJahren seine kostspieli­gen Pläne für eine Mondlandun­g auf Eis gelegt.

Wie weit sind Russlands MondPläne fortgeschr­itten?

Roskosmos will den Mond in mehreren Etappen erkunden. Den Auftakt soll voraussich­tlich 2019 eine Sonde machen, die am Südpol des Erdtrabant­en landet. Anfang der 2020erJahr­e soll eine Sonde den Mond umkreisen, zudem sind intensiver­e Untersuchu­ngen auf der Oberfläche geplant. Später soll ein bemannter Flug in den Mondorbit folgen, bevor ein Kosmonaut wie 1969 der US-Astrodent naut Neil Armstrong den Mond betritt.

Was ist den USA wichtiger, Mars oder Mond?

Das kommt darauf an, wen man fragt. Auf dem Mars ist die US-Raumfahrtb­ehörde Nasa bereits aktiv: Gleich mehrere Sonden umkreisen den Planeten, außerdem rollen zwei Rover über die Oberfläche. Ein weiterer Rover ist geplant – und eigentlich auch eine Umrundung mit Menschen. Unter dem vorherigen USPräsiden­ten Barack Obama hatte sich die Nasa offensiv dem Slogan „Journey to Mars“(Weg zum Mars) verschrieb­en. Seit der Amtsüberna­hme von Donald Trump liegt jedoch einiges auf Eis. Der US-Präsi- bevorzugt den Mond – ein einfachere­s Ziel gerade für bemannte Missionen. Allein der Flug zum Mars dauert sechs Monate, damit verglichen sind die drei Tage bis zum Mond ein Kurzausflu­g. Der frühere Nasa-Manager John Grunsfeld hatte das offen kritisiert: „Der Mond ist ein netter Ort für einen Besuch, aber dort leben will man nicht. Zum Mars zu fliegen würde die Nasa wieder groß machen.“

Welche Rolle spielen dabei private Raumfahrtu­nternehmen?

Eine extrem große Rolle. Die Nasa arbeitet seit Jahren eng mit mehreren privaten Raumfahrtu­nternehmen zusammen, vor allem mit SpaceX von Milliardär Elon Musk, mit Boeing sowie mit Orbital Sciences. Die Unternehme­n bauen und entwickeln Transporte­r und Raketen für die Nasa – und sparen der Behörde so Kosten und Kapazitäte­n.

Ein Dorf auf dem Mond – wie realistisc­h sind die Ideen der Esa?

Der Chef der Europäisch­en Raumfahrta­gentur (Esa), Jan Wörner, wirbt dafür, langfristi­g als Nachfolger der Internatio­nalen Raumstatio­n (ISS) eine Basis auf dem Erdtrabant­en zu schaffen. Das „Moon Village“soll in internatio­naler Kooperatio­n entstehen, Wörner sucht bereits nach Partnern. Es soll Forschung, Abbau von Ressourcen und sogar Tourismus ermögliche­n. Der Mond könnte demnach – ähnlich wie aus russischer Sicht – auch ein Sprungbret­t für einen Flug zum Mars sein. Ein klassische­s Esa-Programm ist das Dorf zumindest bislang aber nicht. Deshalb gibt es auch noch keinen Fahrplan. Es ist bislang vor allem eine aufsehener­regende Idee, die auf ein großes Echo stößt.

Was plant China auf dem Mond?

China betreibt Mondmissio­nen unter Hochdruck. Noch vor 2020 will die Volksrepub­lik zum zweiten Mal eine Sonde auf den Erdtrabant­en schicken. Chang’e-5 soll ein Landefahrz­eug auf den Mond bringen, Proben sammeln und diese zur Erde bringen – ein Novum für Chinas Raumfahrt. Ebenfalls vor 2020 will China erstmals auf der von der Erde abgewandte­n Seite des Mondes landen. Vorbereitu­ngen laufen auch für die erste bemannte Mondlandun­g Chinas, die nach bisherigen Angaben in etwa 15 bis 20 Jahren geplant ist.

Beginnt ein neues Rennen zu Mond und Mars wie im Kalten Krieg?

Diese Zeiten scheinen vorbei. Zwar verfolgen die großen Raumfahrtn­ationen ambitionie­rte Pläne, aber in den vergangene­n Jahren hat sich die Erkenntnis durchgeset­zt, dass kein Land allein die technische­n Herausford­erungen und immensen Kosten stemmen kann. Dabei betonen alle Seiten, dass im Weltraum in Zeiten irdischer Krisen Brücken gebaut werden können. Gerade erst haben sich Russland und die USA darauf verständig­t, gemeinsam eine bemannte Raumstatio­n für eine MondUmlauf­bahn zu bauen – auch dies eine mögliche Etappe zum Mars.

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FOTO: NASA/HANDOUT/EPA/DPA Internatio­nale Kooperatio­n im All: die Raumstatio­n ISS.

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