Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Zitate aus der Predigt
„Seit dort vor allem von Quoten und Kontaktzahlen die Rede ist, weniger vom kulturellen Auftrag der Sender, wurde Literatur zunächst in die späten Nachtstunden verschoben, da man davon ausging, dass sie dann quotentechnisch weniger Schaden anrichten konnten.“ Über den Bedeutungsverlust der Literatur im öffentlich-rechtlichen Fernsehen
„Aber große Teile unserer Gesellschaften suchen derzeit lieber sich selbst stilisierende ,Kämpfer gegen das Establishment’. Hierzulande Gestalten, die sich diffus als Anwälte des kleinen Mannes gerieren, dabei ziemlich überholtes völkisches Gedankengut mit neoliberalen Phrasen mischen; andernorts mehr oder weniger intelligenzbefreit wirkende Millionäre, deren einziger Ausweis, dass sie nicht zum viel geschmähten Establishment gehören, darin besteht, gezielt mit verbalen Tabubrüchen zu arbeiten. Authenzität wird dabei mit Verantwortungslosigkeit und, ja, einer gewissen geistigen Schlichtheit verwechselt.“
„Aber ernsthaft: Wo bleiben positive Narrative? Die uns literarisch erklären, warum es sich lohnt, sich jeden Tag für die Demokratie einzusetzen, und sich gegen Diskriminierung (...) zur Wehr zu setzen. (...) Warum wir die Idee Europa nicht sang- und klanglos untergehen sehen wollen und warum das Gerede von der Umvolkung, dem Kampf der Kulturen oder der Verteidigung des Abendlands einfach nur fixe Ideen sind oder gar Kalkül von Menschen ist, die von dieser Selbstviktimisierung, von Bedrohungsszenarien, schlicht: unserer Angst profitieren?“
„Die Erzählungen der Anhänger einer pluralistisch gestalteten, demokratischen Gesellschaft wären sicherlich auch keine konfliktfreien Betthupferl.“
„Denn wer in der Demokratie einschläft, wacht bekanntlich in der Diktatur auf.“
„Dies wird aber nur funktionieren, wenn der Autor sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung auch bewusst ist. Wenn er den Elfenbeinturm, in den er sich vor gut 30 Jahren zurückgezogen hat, wieder verlässt und sich und sein schreiberisches Leben politisiert.“
„Während das Feuilleton insbesondere der bürgerlich-konservativen Presse prinzipiell jedes auch nur am Rande nach politischen Inhalten riechende Buch verreißt, das – Nebenbemerkung – nicht aus Verlagen stammt, die zugleich Anzeigenkunden sind.“
„Vor allem aber, um den Diskurs und die Narrative nicht jenen zu überlassen, die sie in demokratiefeindlicher Absicht instrumentalisieren. Denn dies wäre, insbesondere in Zeiten wie heute, gefährlich, da die politischen Entwicklungen uns zu überrollen drohen – wer hätte schon ernsthaft mit dem Brexit und der Wahl Trumps gerechnet?! – und auch vor Elfenbeintürmen nicht haltmachen werden.“