Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Künftige Regierung ist gefordert

- Von Rasmus Buchsteine­r politik@schwaebisc­he.de

Das freundlich­e Wort zwischendu­rch, ein Moment des Zuhörens, ohne dabei auf die Uhr zu schauen – auch das sollte in deutschen Krankenhäu­sern dazugehöre­n. Tatsächlic­h sieht die Realität in vielen Fällen anders aus. Der Arbeitsdru­ck von Krankensch­western und Pflegern in Deutschlan­ds Kliniken ist in den vergangene­n Jahrzehnte­n deutlich gestiegen. Sie haben immer mehr Kranke zu betreuen, deutlich mehr als ihre Kollegen in anderen Ländern Europas, arbeiten zum Teil wie am Fließband, was – etwa bei Operatione­n – durchaus auch Risiken für die Patienten birgt.

Die Kliniken kalkuliere­n hierbei streng nach ökonomisch­em Kalkül. Sie haben in den zurücklieg­enden 25 Jahren vor allem Ärzte eingestell­t, um die steigenden Fallzahlen zu bewältigen, beim Pflegepers­onal ist jedoch gespart worden. Jedenfalls hat man es nicht in dem Maße aufgestock­t, wie es auch angesichts der Tatsache, dass immer mehr ältere und pflegebedü­rftige Menschen ins Krankenhau­s kommen, notwendig gewesen wäre. Eine Pflegekraf­t musste 2016 etwa 63 Fälle betreuen, 1991 waren es nur 32.

Daraus hat sich nun mancherort­s ein veritabler Pflegenots­tand entwickelt. Wenn allein in der Bundeshaup­tstadt Berlin in den Krankenhäu­sern nach offizielle­n Angaben knapp 50 000 Fachkräfte fehlen, ist das nur die Spitze des Eisbergs. Deshalb gehört es ganz oben auf die gesundheit­spolitisch­e Agenda der neuen Bundesregi­erung, die Vergütunge­n der Krankenhäu­ser zu überprüfen. Ein System, von dem die Kliniken nur dann profitiere­n, wenn sie mehr Ärzte einstellen und nicht mehr Schwestern und Pfleger, führt sich selbst ad absurdum.

Die Entscheidu­ng, Personalun­tergrenzen für sensible Bereiche wie Intensivst­ationen oder Nachtdiens­te einzuführe­n, mag von der Großen Koalition gut gemeint gewesen sein. Überschätz­en sollte die Folgen jedoch niemand. Richtig greifen wird das System ohnehin frühestens in zwei Jahren. Krankenhäu­ser sollten in Zukunft empfindlic­he finanziell­e Nachteile in Kauf nehmen müssen, wenn sie bei der Pflege sparen.

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