Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Mittelstand will Oettinger
EU-Haushaltskommissar sagt aber Nein zum Wechsel ins Bundeswirtschaftsministerium
BERLIN - Baden-Württembergs ehemaliger Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) ist als möglicher Wirtschaftsminister der neuen Bundesregierung gehandelt worden. Er schürte Gerüchte über derlei Ambitionen, als er sich bildträchtig am Abend der Bundestagswahl an die Seite von Kanzlerin Angela Merkel stellte, als sie vor die Kameras trat. Die Unternehmer hätten es gerne gesehen, wenn der ausgewiesene Wirtschaftsfreund Oettinger dieses Amt übernommen hätte. Nun hat der EU-Haushaltskommissar aber einem Wechsel von Brüssel nach Berlin eine klare Absage erteilt. „Nicht mehr in diesem Leben“, antwortete Oettinger am Donnerstag in München auf die Frage, ob er einen Ministerposten in Berlin annehmen würde.
Der EU-Haushaltskommissar erklärte bei einer Podiumsdisskussion: „Ich bin, was ich bin, und das bleibe ich auch.“Für die mittelständischen Unternehmer ist das Nein eine schlechte Nachricht. „Mit Günther Oettinger
hätte Deutschland einen herausragenden Kenner des Mittelstands als Wirtschaftsminister“, lobte Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), noch am Donnerstagvormittag im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“in Berlin. „Nicht ohne Grund ist er Träger des Ehrenpreises des deutschen Mittelstands. Dass er Wirtschaft kann, hat er als Kommissar in verschiedenen zentralen Bereichen und als Ministerpräsident von Baden-Württemberg gezeigt.“
Möglicher Wissmann-Nachfolger
Ohoven hatte sich überzeugt gezeigt, dass Oettinger dem Ruf aus Berlin folgen würde. „Der Mittelstand wünscht es sich. Ich bin mir sicher, dass er es machen würde, wenn die Kanzlerin ihn fragt“, so der BVMW-Präsident. Auch CDU-Spitzenpolitiker aus Baden-Württemberg sowie OettingerVertraute teilten diese Einschätzung.
Aus Oettingers Umfeld ist zu hören, dass er wohl nicht bis zu seinem offiziellen Vertragsende 2019 in Brüssel bleiben wird. Er bringe sich bereits in Stellung als Nachfolger von Matthias Wissmann, dem Präsidenten des Verbands der Automobilwirtschaft. Ein Ministeramt habe Oettinger nie wirklich angestrebt. Dass er mit seinem Auftritt neben Angela Merkel für Spekulationen gesorgt hat, sei die „typische Oettinger-Masche“gewesen. Er habe signalisieren wollen: Ich bin noch im Spiel.