Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Elektrifizierung bleibt das Ziel
Petermann schlägt gasbetriebene Züge vor – Regio-S-Bahn-Konzept auch mit Dieselzügen umsetzbar
RIEDLINGEN - Durch die Diskussion um die Durchfahrtshöhen der neuen Brücke über die Bahnschienen bei der Industriestraße, ist das Thema Elektrifizierung der Donaubahn wieder in den Fokus gerückt. Doch die scheint in weiter Ferne, nachdem sie nicht in den Bundesverkehrswegeplan für die Jahre bis 2032 aufgenommen wurden. Der ehemalige Riedlinger Bürgermeister Hans Petermann hat daher angeregt, auf der Donaubahn den Einsatz gasbetriebener Züge zu testen. Doch sowohl Bürgermeister Marcus Schafft, als auch der Geschäftsführer des Vereins „Regio-S-Bahn“in Ulm, Dr. Oliver Dümmler, setzen auf die Elektrifizierung. Allerdings sei diese für die Umsetzung des S-Bahn-Konzepts bis Riedlingen nicht Voraussetzung.
In einem Brief an Verkehrsminister Winfried Hermann hat Petermann sich für einen Modellversuch mit gasbetriebenen Zügen auf der Donaubahn stark gemacht. „Bitte lassen Sie untersuchen, ob auf der Donautalbahn gasbetriebene Züge eingesetzt werden können.“Das würde sich aus seiner Sicht anbieten, weil unter anderem in Riedlingen Biogas ins Erdgasnetz eingespeist wird. „Die Erdgas Südwest als Betreiber der Riedlinger Anlage unterstützt diesen Vorschlag“, so Petermann weiter. Doch bisher sei noch nicht untersucht worden, wie hoch die Investitions- und Betriebskosten für diese Technik in Relation zu einer Elektrifizierung wären, so der Kreisrat in seinem Brief.
In einer E-Mail an die Abgeordneten, die Bürgermeister der Region sowie Landräte, IHK und Regionalverband wirbt Petermann für diesen Vorschlag. Doch Bürgermeister Marcus Schafft hat sich bereits in seiner Replik deutlich positioniert: „Primäres Ziel unserer Bemühungen sollte aber die Elektrifizierung sein“, so Schafft. Nur eine Elektrifizierung könne letztlich den Anspruch zur Aufwertung der Donaubahn und vollwertige Einbindung in das Bahnnetz aufrechterhalten.
In Briefen an den Vorsitzenden der IG Donaubahn, den Tuttlinger Oberbürgermeister Michael Beck, als auch an Biberachs Landrat Dr. Heiko Schmid hat sich Schafft nochmals für die Elektrifizierung stark gemacht. Er verweist unter anderem auf ein wichtiges Datum – das Jahr 2026: Dann werden vom Land neue Züge beschafft. Wenn es wieder Dieselzüge wären, wären diese weitere 20 Jahre im Einsatz. Petermann hält diese Bemühungen für zu spät. „Ich fürchte, dass die Vorbereitung des Landes und des Bundes zur Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans der bessere Zeitpunkt gewesen wäre, um für eine baldige Elektrifizierung der Donaubahn zu werben. Damals habe ich die Aktivitäten in diese Richtung schmerzlich vermisst.“
Einig sind sich Petermann, sein Nachfolger und weite Teile des Riedlinger Gemeinderats in der Bewertung der Debatte um die Höhe der neuen Brücke: Das habe man 2010 schon diskutiert, sagt Petermann. Er habe sich sehr darum bemüht, dass die Brücke ausreichend hoch für die Elektrifizirung gebaut wird, „aber Bund, Land und Bahn haben es abgelehnt“. Auch Schafft und Mitglieder des Gemeinderats hatten dies mehrfach betont.
Verbesserungen auch mit Diesel
Auch wenn die Elektrifizierung der Donaubahn von Tuttlingen bis Ulm derzeit in weite Ferne gerückt zu sein scheint, kann der Geschäftsführer des Vereins „Regio-S-Bahn“in Ulm, Oliver Dümmler, der Idee einer Modellstrecke für gasbetriebene Züge nicht viel abgewinnen. Ziel bleibt aus seiner Sicht die durchgängige Elektrifizierung. Ein Teilstück als Insellösung mit anderer Technik zu betreiben, hält er nicht für sinnvoll. Und als Übergangstechnik will er lieber auf ein bewährtes System setzen – eben auf die Dieseltechnologie. Eher hält er noch den Einsatz von Brennstoffzellen-Loks für realistisch, die seien in der Entwicklung weiter. Zudem sei derzeit unklar, welche Schwerpunkte die neue Bundesregierung setzt. Es sei theoretisch denkbar, dass angesichts der Dieseldiskussion, auch Sonderprogramme für die Elektrifizierung von Bahnstrecken aufgelegt werden.
Doch für die Umsetzung des Konzepts der Regio-S-Bahn (siehe Hintergrund) ist die Systemfrage – Elektrifizierung oder Diesel – derzeit nicht entscheidend. „Man kann auch mit Diesel Verbesserungen herbeiführen“, sagt Dümmler. Doch dafür gilt es zunächst den Ausbau der Infrastruktur voranzubringen. Ziel ist ein getaktetes Angebot für die Strecke von Ulm bis Riedlingen im S-Bahn-Modus auszuarbeiten; das heißt, ein Zug der in vielen Orten hält. Dazu soll es auch neue Haltestellen geben. Diese Infrastruktur muss vorrangig vorangetrieben werden.
Doch im ersten Schritt stehen zunächst Gespräche mit dem Land an. Denn auf der Donaustrecke verläuft auch die Expressverbindung Ulm Tuttlingen. In einem Gutachten wurde untersucht, wie die Abläufe auf dieser Verbindung mit den Erwartungen und Zielen des Regio-S-Bahn-Konzepts unter einen Hut gebracht werden können. Nun stehen Gespräche mit dem Land an, in denen die Landesmaßnahmen von denen der Regio-SBahn abgegrenzt werden sollen. Danach könnte der Auf- und Ausbau der Haltestellen und möglicher Ausweichgleise (etwa in Zwiefaltendorf) auf den Weg gebracht werden. Allerdings steht auch noch eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung im Raum, um Fördermittel zu generieren.
In welchem Zeithorizont das Regio-S-Bahn-Konzept umgesetzt werden kann, ist schwer absehbar. „Wir sind stark vom Land abhängig“, sagt Dümmler. Auch er verweist auf das Jahr 2026, an dem neue Züge beschafft und neue Verträge geschlossen werden. Er hoffe, dass man bis dahin die Regio-S-Bahn-Infrastruktur und Angebot umsetzen könne.