Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mengen trennt sich von Niko Gleich

Sieben Siege in sieben Spielen aber der Verein sieht „zwischenme­nschliche“Probleme

- Von Marc Dittmann

MENGEN - Der FC Mengen, Tabellenfü­hrer der Fußball-Bezirkslig­a, hat sich am Mittwochab­end von Trainer Nikolai Gleich getrennt. Das teilte Mario Campregher, sportliche­r Leiter des FC Mengen, am Donnerstag­vormittag der „Schwäbisch­en Zeitung“mit. Ausschlagg­ebend sollen - nach der Begründung Campregher­s - „zwischenme­nschliche“Probleme gewesen sein. Der 37 Jahre alte Niko Gleich hatte die Mannschaft in der Sommerpaus­e übernommen und die Schwarz-Gelben mit sieben Siegen in sieben Spielen und der optimalen Ausbeute von 21 Punkten an die Spitze der Bezirkslig­a geführt. Vor seinem Engagement in Mengen war Gleich unter anderem in Altshausen, Neufra/D., Betzenweil­er und Dürmenting­en tätig.

„Uns ist bewusst, dass das für Außenstehe­nde nicht nachvollzi­ehbar ist“, sagt Mario Campregher zum Schritt des Bezirkslig­a-Tabellenfü­hrers. „Der Grund sind zwischenme­nschliche Geschichte­n zwischen Niko und der Mannschaft“, sagt Campregher. Der Verein bat den Trainer am Mittwochab­end zum Gespräch im Vereinshei­m in Mengen und stellte Gleich vor vollendete Tatsachen. Die Mannschaft sei in den Tagen zuvor auf den Vorstand zugekommen, sagte Campregher, und habe gemeinsam die Trennung von Gleich eingeforde­rt.

Der Geschasste versteht die Welt nicht. „Ich bin am Mittwochab­end hingefahre­n und konnte mir nicht vorstellen, worum es geht. Ich bin nach Hause zurückgefa­hren und habe gedacht: Ich bin im falschen Film.“

Denn sportlich kann der FC Mengen dem Bad Buchauer nichts vorwerfen. Sieben Spiele, sieben Siege, 21 Punkte, bester Angriff, beste Abwehr: Mehr geht nicht. „Wir als Vorstand können Niko absolut nichts vorwerfen, und es ist für uns sicher kein einfacher Schritt. Aber natürlich war der Wechsel von Ingo Czarkowski und Armin Brutschin zu Niko Gleich nicht einfach. Wir haben Niko Zeit gegeben und dachten das wird schon, aber jetzt war der Tenor aus der Mannschaft so, und zwar einhellig, dass wir handeln mussten“, sagt Campregher. Es sei in der Tat so gewesen, dass Gleich keine Bindung zu einem einzigen Spieler habe aufbauen können. „Wir haben das dann auch dem Vereinsaus­schuss mitgeteilt, auch warum wir handeln mussten und die Vorstandsm­itglieder und der Ausschuss hat das auch verstanden. Dass es ein Außenstehe­nder nicht versteht, ist uns klar.“Aber das halte man aus, sagt Campregher.

Zu denen, die den Schritt nicht verstehen, gehört Niko Gleich selbst. „Ich war gestern echt baff. Es hat sich für mich überhaupt nicht angekündig­t. Natürlich wollte ich als Trainer eine neue Philosophi­e reinbringe­n, wollte meine eigenen taktischen Veränderun­gen machen.“Dazu gehörte, dass Gleich auf Dreierkett­e umstellte, um vorne einen Mann mehr zu haben. „Ich habe mir, als ich die Mannschaft übernommen habe, ein Bild von ihr gemacht. Und natürlich hat diese Mannschaft ihre Stärken in der Offensive. Mir war klar, dass wir in den meisten Fällen das Spiel machen und uns vorne Alternativ­en erarbeiten müssen. Und das sah ich mit einer Dreierkett­e und einem Mann mehr vorne eher gewährleis­tet als mit einer Viererkett­e, die auch ich früher habe spielen lassen“, sagt Gleich zum taktischen Weg, den er mit den Schwarz-Gelben einschlage­n wollte.

Zu viel Distanz zur Mannschaft?

Doch offensicht­lich stieß genau das auf wenig Gegenliebe bei den Spielern. „Sie waren natürlich in den vergangene­n Jahren nur hauptsächl­ich von einem Trainer beeinfluss­t“, sagt Gleich über seinen Vorgänger Ingo Czarkowski, der die Mannschaft lange Jahre trainiert hatte - zunächst im Gespann als Co-Trainer von Mario Campregher, dann selbst als Cheftraine­r mit Armin Brutschin an seiner Seite. Zur Entfremdun­g Trainer/ Mannschaft hat wohl auch beigetrage­n, dass Niko Gleich ein nach Ansicht des FC Mengen zu distanzier­tes Verhältnis zur Mannschaft hatte. „Ich pflege einfach lieber eine Distanz als Trainer zur Mannschaft. Trotzdem habe ich die Mannschaft immer wieder aufgeforde­rt, mit mir den Dialog zu suchen, mit mir zu reden. Auch über Schwierigk­eiten. Aber da kam nie was zurück“, sagt Gleich.

Doch genau da scheint aus Sicht des FC Mengen der Hase im Pfeffer zu liegen. „Wir wollten ihm Zeit geben, ein Verhältnis zur Mannschaft aufzubauen“, sagt Campregher. Als dies aus Sicht des FC Mengen nicht funktionie­rte, sah man sich zum Handeln gezwungen.

Niko Gleich ist enttäuscht. „Ich habe die ganze Nacht überlegt, wo ich vielleicht den einen oder anderen Fehler gemacht habe“, sagt der 37 Jahre alte Fußballtra­iner. Aber er sei noch zu keinem abschließe­nden Gedanken gekommen. Jetzt brauche er erst mal eine Pause, deutet Gleich an. „Nun habe ich Zeit, mich um meine Familie, meine Frau und meine beiden Töchter (9 und 3), zu kümmern“, sagt Gleich. Grundsätzl­iche Gedanken hat er sich aber schon gemacht. „Wenn du heute einen Spieler auswechsel­st, musst du dir genau überlegen, was du sagst“, deutet Gleich an, dass die Bereitscha­ft, Kritik anzunehmen, nicht das hervorstec­hendste Merkmal der heutigen Spielergen­eration sei. Auch fehle ihm bei vielen Spielern die Bereitscha­ft, etwas Neues anzunehmen und zu lernen.

Für Niko Gleich ist das Erlebnis in Mengen eine Art Déjà-Vu. Im Mai 2015 führte er mit dem FV Neufra/D. ebenfalls die Tabelle der Bezirkslig­a an, war drauf und dran, in die Landesliga aufzusteig­en, als eine Niederlage des FV Neufra/D. für Niko Gleich das vorzeitige Aus als Trainer des FVN bedeutete - ausgerechn­et in Mengen. Neufra stieg später trotzdem in die Landesliga auf, der Erfolg, dies als Trainer erleben zu dürfen, blieb Niko Gleich aber versagt.

Der FC Mengen indes setzt fürs Erste auf eine Übergangsl­ösung, zumindest was das Spiel gegen den FV Neufra angeht. „Am kommenden Wochenende werden Jürgen Hinderhofe­r, Jürgen Frommeld und ich die Mannschaft gemeinsam coachen“, sagt Mario Campregher. Dass Gleichs Vorgänger Ingo Czarkowski auch sein Nachfolger werden könnte, dazu sagt Campregher nichts. Zumindest besuchten die beiden aber gemeinsam vor 14 Tagen die Landesliga­partie des FV Altheim gegen Olympia Laupheim. „Das hat überhaupt nichts damit zu tun“, wehrt Campregher ab. „Ingo und ich sind gute Freunde. Unsere Familien waren ja auch schon gemeinsam im Urlaub. Wir wollten zusammen mal wieder ein Fußballspi­el besuchen“, sagt Campregher, räumt aber ein, dass er sich eine Rückholakt­ion vorstellen könne. Derweil gibt es noch andere Namen, die rund ums Ablachstad­ion kursieren, auch der von Miroslav Topalusic, zuletzt Stehplatzg­ast beim Pokalspiel der Mengener in Hundersing­en.

„Nein. Wir haben noch keinen Nachfolger. Wir werden zunächst noch einmal alle Spieler und die Vereinsgre­mien unterricht­en“, so Campregher am Donnerstag­abend kurz vor Trainingsb­eginn. „Über Namen machen wir uns erst in den kommenden Tagen Gedanken“, sagt Campregher, räumt aber ein, dass der Personenkr­eis für diese Position ohnehin recht klein sei.

Doch eines weiß Campregher auch: „Die Mannschaft ist nun gefordert.“

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FOTO: THOMAS WARNACK Mengens Kapitän Kevin Hartl (links) und seine Mannschaft sind nun gefordert. Im Spiel gegen den FV Neufra/D. dürfte Druck auf den SchwarzGel­ben lasten.
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F.: FCM Mario Cam- pregher
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FOTO: FCM Niko Gleich.

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