Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Und ewig grüßt Don Jupp
Heynckes soll die Herbst-Depression des FC Bayern beseitigen – Es hakt noch am Co-Trainer Hermann
MÜNCHEN (dpa/SID) - Jupp Heynckes will es noch einmal wagen. Mit einem kühnen Comeback-Plan um den gefeierten Triple-Trainer hofft der FC Bayern, sein schwächelndes Star-Ensemble wieder titelfähig zu kriegen. Die kurz vor dem Abschluss stehende und wohl befristete Rückholaktion des 72 Jahre alten Fußball-Rentners soll den Bossen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge zudem die nötige Zeit verschaffen, die Nachfolge des vor einer Woche gefeuerten Carlo Ancelotti in Ruhe zu regeln. Nur noch Detailfragen seien zu klären, heißt es aus verlässlicher Quelle.
Noch vor dem Wochenende könnte der Überraschungsdeal fix gemacht werden. Der für die Trendwende Auserkorene gab sich noch zurückhaltend. „Es ist noch nichts klar oder in trockenen Tüchern“, sagte Heynckes der „Rheinischen Post“. Dabei bestätigte er aber, dass die Vereinsführung ihm einen Vertrag bis Sommer 2018 angeboten habe.
Vor einer insgesamt vierten Zusage in München seit 1987 wollte der Ex-Profi „das Ganze zunächst mal analysieren“. Seit seinem Weggang 2013 als gefeierter Triple-Macher in Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League seien schließlich viereinhalb Jahre vergangen, „und der Fußball hat sich weiter verändert“. Er selbst sei aber „topfit“. Dennoch ließ Heynckes auch gewisse Zweifel erkennen. „Mein ganzer Rhythmus würde sich wieder verändern. Das Leben hier mit meiner Frau und den ganzen Tieren. Wie soll das gehen?“, sagte Heynckes der „Westdeutschen Zeitung“und bezeichnete die Entscheidung als „nicht einfach“.
Es wäre vor allem ein Freundschaftsdienst für Kumpel Hoeneß. Die Bayern-Bosse hatten in den letzten Tagen händeringend nach einem Weg aus der Krise gesucht Eine Reaktivierung des Routiniers vom Niederrhein würde viele Vorteile haben: Vor allem könnten die Bosse ohne Zeitdruck bis zur nächsten Saison einen Chefcoach für die Zukunft suchen. In den kommenden Monaten könnten im schnelllebigen Fußballgeschäft auch wieder einige namhafte Trainer auf den Mark kommen.
Der öffentlich heiß gehandelte Hoffenheimer Julian Nagelsmann muss keineswegs 2018 automatisch in München landen. Spekulationen, Heynckes sei nur Platzhalter für den mehr als 40 Jahre jüngeren Coach, entbehrten jeglicher Grundlage, hieß es aus München. Auch soll es keine Absprachen auf Chefebene zwischen Hoeneß und HoffenheimMäzen Dietmar Hopp geben. Vor diesem Hintergrund könnte auch ein altbekannter Name wieder in die Verlosung rutschen: Jürgen Klopp. Der Reds-Coach scheint mit seinen Liverpoolern zu stagnieren und könnte sein Heil wieder in der Heimat suchen wollen.
Heynckes wird dagegen als Bayern-Kenner auch kurzfristig zugetraut, die verunsicherte und durch Missstimmung geschwächte Mannschaft wieder auf Kurs zu bringen. In der Bundesliga hat der Titelverteidiger fünf Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Dortmund. In der Champions League setzte es ein 0:3 bei Paris Saint-Germain. Nach der Schlappe musste Coach Ancelotti in der vergangenen Woche gehen, auch weil sich etliche Spieler wie die erfahrenen Arjen Robben und Franck Ribéry bei den Bossen massiv beschwert haben sollen.
Heynckes kennt einige Profis noch aus seiner Zeit an der Säbener Straße 2013, darunter neben Robben und Ribéry auch die Weltmeister Thomas Müller und Manuel Neuer.
„Es ist eine absolute Toplösung. Er hat die Akzeptanz, er kennt das Umfeld, den Verein, die Stars“, lobte der frühere Bayern-Coach Ottmar Hitzfeld die Entscheidung.
Eine Wahl pro Heynckes ist als Signal in Richtung Altbewährtem zu deuten. Zuletzt hatten die Bayern auch ihren langgedienten „Tiger“Hermann Gerland zum Chef im neuen Nachwuchsleistungszentrum gemacht. Als Co-Trainer wollen die Münchner laut „Welt“Heynckes’ langjährigen Assistenten Peter Hermann. Doch genau an diesem Punkt hakt es noch. Der 64-Jährige arbeitet derzeit beim Zweitliga-Tabellenführer Fortuna Düsseldorf, wo man noch auf einen Vertrag bis 2018 als CoTrainer von Friedhelm Funkel verwies und sich seiner Position bewusst sein wird.
Heynckes trainierte die Münchner bereits dreimal. In der jüngeren Vergangenheit saß er sowohl bei der größten Niederlage im „Finale dahoam“2012 als auch dem Champions-League-Triumph ein Jahr später im Wembley-Stadion gegen Borussia Dortmund auf der Bank. Dass Heynckes seit damals keinen Verein mehr betreut hat und der drittälteste Trainer der Bundesliga-Historie wäre, stört die Bayern nicht.