Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Heftige Debatte um die Gemeinschaftsschule
Im Landtag brechen alte Gräben wieder auf – Grüne und CDU beharken sich
STUTTGART - Die Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg bleibt fünf Jahre nach ihrer Einführung umstritten. Am Donnerstag lieferten sich die Parteien im Landtag einmal mehr einen Schlagabtausch über Sinn und Finanzierung der Schulart. Dabei verliefen die Fronten zum Teil auch zwischen den Regierungsfraktionen von Grünen und CDU.
Das Thema war in den Koalitionsverhandlungen eines der Schwierigsten für die grün-schwarzen Regierungspartner. Die Grünen sind vehemente Verfechter der Gemeinschaftsschulen, die CDU sträubte sich gegen deren Einführung.
Sinkende Schülerzahlen
Eines der Probleme der Gemeinschaftsschulen: Die Schülerzahlen sinken. Die grüne Bildungsexpertin Sandra Boser sprach am Donnerstag dennoch von einer Erfolgsgeschichte: „Fünf Jahre Gemeinschaftsschule heißt fünf Jahre ein leistungsstarkes, wohnortnahes Bildungsangebot, das alle Schüler in ihrem jeweiligen Leistungsspektrum fördert.“Zwar hätten einige Standorte Probleme, weil zu wenige Eltern ihre Kinder anmeldeten. Andere jedoch müssten Schüler abweisen.
Es gelten, die Prognosekriterien für die Vorhersage künftiger Schülerzahlen zu verändern, um diese besser vorhersagen zu können. Mit einem Seitenhieb auf die CDU verwies Boser auf Forderungen aus dem Handwerk. Dieses wünscht sich mehr Unterstützung für Gemeinschaftsschulen, ist aber traditionell eher CDU- als grünen nah. „Ich glaube, es wäre genau auch für die Kollegen der CDU richtig, da hinzuhören und dem Handwerkstag zuzuhören“, sagte Boser.
Das konterte Raimund Haser für die CDU. Jede zweite Gemeinschaftsschule sei wegen zu geringer Anmeldezahlen heute nicht mehr genehmigungsfähig. Das stelle viele Gemeinden, die Geld in die Schulen investiert hätten, vor Probleme. „Daran, liebe Frau Boser, ist die CDUFraktion ganz bestimmt nicht Schuld“. Vielmehr habe die grün-rote Landesregierung die verbindliche Grundschulempfehlung abgeschafft – und zwar, um auf ein Bildungssystem mit nur noch einem Schultyp, der Gemeinschaftsschule, hinzuarbeiten. Die Grünen hätten sich zum Glück mittlerweile eines Besseren besonnen.
Der SPD-Bildungsexperte Stefan Fulst-Blei warf der amtierenden grün-schwarzen Regierung vor, diese „Schule für alle“schlecht zureden. Es gebe an den Gemeinschaftsschulen zu wenige Gymnasiallehrer. Das sei aber nicht durch mangelndes Interesse der Pädagogen zu erklären, wie es Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) nahelege. Vielmehr habe sie viel zu wenige Lehrkräfte eingestellt. Eisenmann wehrte sich: „Wir lassen nichts unversucht, um gymnasiale Bewerber für die Gemeinschaftsschule zu gewinnen.“
Rainer Balzer (AfD) hält die Gemeinschaftsschule für gescheitert. „Die Eltern haben mit den Füßen abgestimmt“. Die FDP forderte, die Privilegierung der Gemeinschaftsschule zu beenden. Sie erhält derzeit mehr Förderung vom Land als andere Schulen.