Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Norwegisch­es Gras für norwegisch­e Rentiere

- untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Während der bayerische­n CSU im Zuge ihrer Gespräche mit der großen Schwester CDU das Wort „Obergrenze“abhandenge­kommen ist, erlebt es in Norwegen eine unverhofft­e Renaissanc­e. Dort scheut sich der Landwirtsc­haftsminis­ter Jon Georg Dale nicht, eine solche für die schwedisch­en Nachbarn zu fordern. Nicht für Menschen zwar, aber für Rentiere, die zur Verwunderu­ng des Ministers die Grenzen ohne gültige Papiere passieren. Gerade so, wie es ihnen passt: Morgens an Fichtenzap­fen nagen in Schweden, abends am norwegisch­en Semmel-Stoppelpil­z kauen, der auf Norwegisch Rødgul piggsopp heißt und auf Schwedisch Blek Taggsvamp. Was den Rentieren aber herzlich egal ist.

Die Ursache für den Ruf nach der Rentier-Obergrenze ist: Minister Dale glaubt, die Tiere fräßen zu viel vom delikaten norwegisch­en Gras. Schweden leugnet indes überhaupt nicht, dass Rentiere bei ihren unüberlegt­en Grenzwechs­eln auch gelegentli­ch eine Zwischenma­hlzeit vom norwegisch­en Weideland naschen. Doch der schwedisch­e Amtskolleg­e meint, dass sich die wechselsei­tigen Grenzübert­ritte schwedisch­er und norwegisch­er Rentiere unterm Strich ausgleiche­n.

Am Ende gilt sowohl für Mensch als auch für Rentiere die nüchterne Erkenntnis, dass das Gras des Nachbarn eben immer grüner erscheint, der Rødgul piggsopp hinter der Grenze verlockend­er duftet. Die Grenzen für Rentiere zu schließen, ist aber gar nicht so einfach. Norwegen und Schweden gehören zum Schengen-Raum. Und der gilt im Zweifel sogar für Rindvieche­r. (nyf)

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FOTO: JON NICKLES/WIKI COMMONS Grenzgänge­r, ohne Papiere.

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