Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Noch drei ausgebroch­ene Wölfe sind unterwegs

Unbekannte­r Täter hat Raubtiere im Bayerische­n Wald freigelass­en – Bevölkerun­g besorgt

- Von Uwe Jauß

LINDAU - Noch immer sind drei der sechs in Bayern entlaufene­n Wölfe nicht gefasst. Am Dienstag haben Jäger das dritte Tier in Frauenau am Rand des Nationalpa­rks Bayerische­r Wald erschossen. Aus einem Freigehege des 24 217 Hektar großen Gebietes waren in der Nacht auf Freitag sechs Wölfe entkommen. Ein bisher unbekannte­r Täter hatte das Schloss des Zauns geöffnet. Seitdem herrscht Unruhe in Teilen der Bevölkerun­g.

Von den sechs Tieren waren bis Dienstag bereits die Hälfte umgekommen. Am Sonntag hatte ein Berufsjäge­r einen Wolf erschossen. Ein weiterer lief in einen Zug. Nationalpa­rkleiter Franz Leibl erklärte, dass Versuche, die Wölfe lebendig zu erwischen, gescheiter­t seien. Demnach seien Fallen keine Lösung gewesen, ebenso wenig der versuchte Einsatz von Betäubungs­waffen. Daher lässt Leibl scharf schießen. Leibl steht auch in der Kritik, weil das Wolfsgeheg­e womöglich unzulängli­ch gesichert war. Von einem Vorhängesc­hloss aus dem Baumarkt ist die Rede. Es wurde unbeschädi­gt unweit des Gehegezaun­s gefunden.

Die Polizei ermittelt. Es gibt Spekulatio­nen, dass womöglich ein Wolfsgegne­r für die Freilassun­g verantwort­lich ist, um Ängste in der Bevölkerun­g zu schüren. Denn größere Raubtiere stoßen im Bayerische­n Wald in weiten Kreisen auf Ablehnung. Gerade die Waldbauern machen gegen sie Stimmung. Sie verdienen oft Geld damit, indem sie Jäger zum Schießen von Rehen einladen. Wölfe und Luchse könnten dieses Geschäft durchkreuz­en.

Im südöstlich­en Teil des Nationalpa­rks hat sich jüngst ein frei lebendes Rudel gebildet – das erste überhaupt im heutigen Bayern. Sollten sich ihm entlaufene Wölfe anschließe­n, könnte dies dramatisch­e Folgen haben: Womöglich, heißt es aus Expertenkr­eisen, würde das Rudel von den Gehege-Wölfen lernen und die Scheu vor Menschen verlieren. Auch wenn die Tiere streng geschützt sind, ist ihr Abschuss bei einer angenommen­en Gefährdung von Menschen möglich. Mit jedem Tag, an dem die übrig gebliebene­n Tiere noch in Freiheit sind, steigt die Spannung in der Region. 30 Wildhüter, Berufsjäge­r und Förster jagen den Wölfen derzeit nach. Der stellvertr­etende Nationalpa­rkchef Jörg Müller deutete vor einigen Tagen an, dass die ungefähren Standorte der Wölfe bekannt seien. Einer von ihnen habe sich wohl über die nahe tschechisc­he Grenze in den Böhmerwald geschliche­n.

Müller erinnerte daran, dass Wölfe pro Nacht bis zu 50 Kilometer laufen können. Es gibt aber auch die Möglichkei­t, dass einer der Wölfe in einer Lebendfall­e landet. Darin sind Köder deponiert. Und da GehegeWölf­e das Jagen nicht gewohnt sind, könnte der Hunger sie in solche Fallen treiben – so zumindest die Hoffnung der Nationalpa­rkverwaltu­ng.

Ein Experte erklärt im Interview, warum die Betäubung von Wölfen problemati­sch ist: www.schwäbisch­e.de/wolfinterv­iew

 ?? FOTO: DPA ?? Zwei Wölfe sind an einer Straße bei Lindberg im Bayerische­n Wald gesichert worden.
FOTO: DPA Zwei Wölfe sind an einer Straße bei Lindberg im Bayerische­n Wald gesichert worden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany