Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mehr Hier und Jetzt

Auf der Bitzilla-Konferenz von Schwäbisch Media präsentier­en Digitalexp­erten ihre Strategien

- Von Lilia Ben Amor

RAVENSBURG - Die digitale Transforma­tion findet im Hier und Jetzt statt und kann nicht warten. Das ist das Credo von Ibrahim Evsan. Der Experte für Digitalisi­erung und Digital Leadership berät unter anderem Dax-Konzerne wie die Deutsche Telekom bei der Umsetzung ihrer digitalen Strategien. Und für Unternehme­n ergebe sich aus dem Hier und Jetzt die spannende Frage: Wie kann ein Kunde schon heute von der digitalen Veränderun­g profitiere­n?

Genau diesen Gedanken sollten Unternehme­r im Sinn haben, wenn sie ihre digitalen Geschäftsi­deen entwickeln – und sich nicht von der Angst vor möglichen Problemen hemmen lassen. Und genau das war es auch, was der 41-Jährige als Eröffnungs­redner der Bitzilla-Konferenz den 350 Besuchern am Freitag in Ravensburg vermitteln wollte. Neben Evsan sprachen auf dem Treffen zur Zukunftste­chnologie und digitalen Innovation, das Schwäbisch Media bereits zum zweiten Mal veranstalt­ete, die Chefin der Tettnanger Outdoor-Firma Vaude, Antje von Dewitz, der Professor für Ideenfindu­ng Falk Uebernicke­l, der Neuroinfor­matiker Michael Schmuker und der Gründercoa­ch Felix Thönnessen.

Evsan ist bereits seit 23 Jahren in der digitalen Welt unterwegs und berät vor allem Führungskr­äfte. Wer die Digitalisi­erung nicht nur als notwendige­s Übel verstehe, sondern ihre Chancen nutze, könne die digitale Zukunft mitgestalt­en, sagte er. Damit die Mitarbeite­r digitale Geschäftsi­deen mittragen und nach außen verkörpern, sei vor allem die richtige Sprache wichtig. „Wer nicht klar und verständli­ch erklären kann, welche Ideen er hat, hat keine Chance“, sagte Evsan. Die Angst vor digitalen Veränderun­gen komme vor allem daher, dass die Mitarbeite­r nicht verstehen, was passiert und verunsiche­rt werden. Das mache die Transforma­tion unglaubwür­dig.

„Nur wer eine klare Haltung hat und die neuen Gedanken bis ins tiefste Innere verkörpert, kann ein Digital Leader sein“, sagte der Experte. Als Beispiel nannte er soziale Medien: „Du kannst kein perfektes Social Media machen, wenn du nur eine Rolle spielst. Du musst es leben.“

Die große Aufgabe der digitalen Transforma­tion werde Mitarbeite­rn gerne als Zusatzarbe­it aufgedrück­t. Doch das könne nicht lange gut gehen, sagte Evsan. Die Mitarbeite­r dürften nicht mit Arbeit überfracht­et werden, sondern Unternehme­n müssten andere Teile der Arbeit zugunsten der Digitalisi­erung aufgeben. Jungen Mitarbeite­rn müsse Freiraum gewährt werden, damit sie mit digitalen Ideen nicht an starren Systemen scheitern.

Das Unternehme­n Vaude aus Tettnang räumt seinen Mitarbeite­rn diese Freiheiten ein. Das sagt jedenfalls die Geschäftsf­ührerin des Unternehme­ns, Antje von Dewitz, bei ihrem Bitzilla-Vortrag. „Offenheit und die Möglichkei­t für unsere Mitarbeite­r, alles auszuprobi­eren und mitzugesta­lten – das bringt uns weiter“, sagte sie. So sei die digitale Transforma­tion bei dem OutdoorAus­rüster nicht aufgezwung­en, sondern organisch gewachsen.

Auf die Frage aus dem Publikum, wie lange Vaude zur Umsetzung der digitalen Strategie gebraucht habe, sagte von Dewitz lachend: „Wir fangen erst nächstes Jahr mit der digitalen Strategie an.“All die digitalen Spielereie­n, die Vaude bereits jetzt seinen Kunden und Partnern anbietet, seien nicht durch eine Strategie mit Startschus­s entstanden. Vielmehr hätten sich die Verantwort­lichen Gedanken gemacht, wie sie es ihren Kunden noch leichter machen und sie durch digitale Helfer besser erreichen können.

So entstand unter anderem eine App, die Verkäufern schnell und einfach alle Infos zu den Vaude-Produkten liefern soll. Weil die Kunden von Vaude meist Wert auf Nachhaltig­keit legen, werden die Produkte des Unternehme­ns im Internet mit Informatio­nen zum Herstellun­gsprozess versorgt.

Doch erst in Vorbereitu­ng auf ihre Rede am Freitag im Ravensburg­er Konzerthau­s habe von Dewitz festgestel­lt, dass ihr Unternehme­n in Sachen Digitalisi­erung gut dastehe. Was bei der Konferenz ebenfalls deutlich wurde: Wer mit der digitalen Transforma­tion nicht mithalten kann, wird durch schnellere Unternehme­n ersetzt.

Digitalber­ater Evsan geht sogar noch einen Schritt weiter: Für ihn löst sich die Distanz zwischen Mensch und Technik nach und nach auf. „Technik ist mittlerwei­le ein Teil von uns“, sagte Evsan. Und wer sich dem verweigere, der finde in der neuen digitalen Welt auch nicht mehr statt.

 ?? FOTO: DAVID WEINERT ?? Antje von Dewitz, Geschäftsf­ührerin von Vaude aus Tettnang: „Offenheit und die Möglichkei­t für unsere Mitarbeite­r, alles auszuprobi­eren und mitzugesta­lten – das bringt uns weiter.“
FOTO: DAVID WEINERT Antje von Dewitz, Geschäftsf­ührerin von Vaude aus Tettnang: „Offenheit und die Möglichkei­t für unsere Mitarbeite­r, alles auszuprobi­eren und mitzugesta­lten – das bringt uns weiter.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany