Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Gegen die Heimatlosigkeit
Sigmaringer Kreisarchivar Dr. Edwin Ernst Weber erhält Wissenschaftspreis
INZIGKOFEN - Der Sigmaringer Kreisarchivar Dr. Edwin Ernst Weber hat am Sonntag, 12. Oktober, den Friedrich-Schiedel-Wissenschaftspreis zur Geschichte Oberschwabens und für seine Verdienste für die Region Oberschwabens erhalten. Die Verleihung im Festsaal des Schlosses Meßkirch nahm Harald Sievers, Mitglied des Stiftungsrats und Landrat des Kreises Ravensburg.
Damit wird der Inzigkofer für sein Lebenswerk ausgezeichnet. „Auch wenn das mit 59 Jahren noch etwas früh ist, wie ich finde“, sagt der Kreisarchivar. Gewürdigt werden Webers wissenschaftliche Verdienste für die Region in Forschung und Literatur sowie seine Vermittlungsarbeit gegenüber einem Laienpublikum. „Ich war überrascht, als ich erfahren habe, dass der Stiftungsrat das beschlossen hat“, sagt der Historiker. Er ist der dritte, nicht habilitierte Preisträger von insgesamt zehn seit 1999.
„Ansässige reintegrieren“
Viele Menschen hätten diesen heimatlichen Bezugspunkt und/oder das Zugehörigkeitsgefühl verloren, sagte der Laudator Dr. Elmar L. Kuhn aus Überlingen. Der „Heimatlosigkeit und geistigen Obdachlosigkeit vieler Ansässiger“wirkt einer wie Weber entgegen, denn er verstehe es, Geschichte und Heimat so zu verbinden, das Verständnis und Interesse daran erzeugt wird. Edwin Ernst Weber sei ein solcher „Einzelfall“, der es kenntnisreich und engagiert zuwege bringt, „die Ansässigen auf diese Art zu reintegrieren“.
Die Arbeit des Kreisarchivars lässt sich nur schwer von der Person Edwin Ernst Weber und seinen zahlreichen Ämtern, beispielsweise als Geschäftsführer der Gesellschaft Oberschwaben für Geschichte und Kultur, trennen. Geboren in Rottweil, schlug Weber zunächst eine journalistische Berufslaufbahn mit einem Volontariat beim Schwarzwälder Boten ein, absolvierte dann einen freiwilligen sozialen Friedensdienst in Frankreich. „Forschen, recherchieren, Quellenarbeit“, das reizte ihn ebenso wie selbst publizistisch tätig zu sein. So studierte er Geschichte Politikwissenschaft und Volkskunde in Freiburg und Berlin.
Von 1989 bis 1991 absolvierte er eine Ausbildung zum wissenschaftlichen Archivar am Generallandesarchiv Karlsruhe. Seit 1991 ist er beim Landkreis Sigmaringen angestellt. „Ich hatte immer das Glück, dass meine Arbeit von Land- und Kreisräten unterstützt wurde.“Seine Bestimmung sieht er im Konservieren des historischen Erbes des Landkreises, welches man natürlich nicht ohne die Geschichte Oberschwabens betrachten kann, aber auch in der Auswertung von Quellen sowie der öffentlichen Vermittlungsarbeit in Form von Tagungen oder Exkursionen, beispielsweise im Rahmen des jährlichen Kreiskulturschwerpunkts. Die emanzipatorische, freiheitliche Tradition der Region fesselt Weber, der gewissermaßen Identitätsfindung und Aufarbeitung für die Raumschaft betreibt.
Auch im Privaten lässt ihn die Leidenschaft für die Region und ihre Geschichte nicht los, was sich auch in Webers Publikationsliste niederschlägt. Diese bezieht sich zwar großteils auf den Landkreis und seine Profession, war aber auch Arbeit, die er bis in den Urlaub mitgenommen hat: An etwa 180 Werken hat der Historiker mitgewirkt, manche hat er selbst geschrieben, einige herausgebracht oder Aufsätze verfasst. An mehr als zwei Dutzend Tagungen war er beteiligt, die Themen reichen über die Adelsstrukturen der Region, die Wirtschaftsgeschiche Oberschwabens, eine Tagungsreihe, zu der auch Bücher folgen werden, die Geschichte Oberschwabens in der karolingischen Zeit oder die Widerstandstradition der Region um 1848/ 49 oder zur NS-Zeit, um nur wenige zu nennen.