Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Der größte Sensor im Auto ist der Fahrer“

Mattias Ekström, der heute DTM-Champion werden kann, will weniger Hilfsmitte­l im Cockpit

-

HOCKENHEIM - Seit 2001 fährt Mattias Ekström DTM – stets für das Kemptener Team Abt. „Ich habe schon eine Inventarnu­mmer“, sagt der 39-jährige Schwede scherzhaft. 193 Rennen hat der Mann aus Falun bestritten, 23 davon gewonnen. 2004 und 2007 wurde er Meister. 2017 soll es den dritten Titel geben: Bei 21 Punkten Vorsprung auf seinen Audi-Markenkoll­egen René Rast aus Minden könnte Ekström beim Saisonfina­le in Hockenheim schon am heutigen Samstag (14.45 Uhr/ARD) alles klarmachen. Eine zweite Chance hätte er am Sonntag (15.10 Uhr/ARD). Ein DTM-Champion Ekström, das erfuhr Klaus-Eckhard Jost im Gespräch, würde „zuerst ordentlich feiern. Und danach überlege ich, was die Zukunft bietet.“

Herr Ekström, Ihr Teamchef HansJürgen Abt wollte schon in Spielberg den Sekt für die Meisterfei­er kalt stellen. Knallen am Sonntag in Hockenheim die Korken?

Warten wir es ab. Hans-Jürgen ist ein Saufkopf, ich kann ja verstehen, dass er ungeduldig ist. Wann war Abt das letzte Mal Meister?

In der DTM 2009, als Timo Scheider gewonnen hat.

Der Hans-Jürgen kann sich daran nicht mehr erinnern.

Den letzten Titel hat das Abt-Team erst im Juli mit Lucas di Grassi in der Formel E gewonnen.

Das war bestimmt alkoholfre­i. Bestimmt. Wenn man keinen Sprit in den Autos hat, dann werden die Partys bestimmt nur alkoholfre­i gefeiert. 100 Prozent. Ich hatte vor einem Jahr, als ich Weltmeiste­r im Rallycross geworden war, schon eine richtige Party. Ich habe den Hangover noch bestens in Erinnerung.

Lassen Sie uns über den Sport sprechen. Ihnen hat der kurzfristi­ge Wegfall der Performanc­e-Gewichte schon geholfen?

Sicher, mit dem zusätzlich­en Gewicht wären die Chancen brutal viel kleiner gewesen. Aber ich sehe das nicht als Geschenk, wir hatten durch das Regelwerk einen Nachteil und jetzt fahren endlich alle mit gleichen Bedingunge­n. Ich war jedoch enttäuscht, dass sich die Sportchefs und die ITR (Vermarkter der DTM; Anmerkung d. Red.) nicht früher einigen konnten.

Im Frühjahr haben sie den Boxenfunk verboten. Als Fahrer hat Ihnen das sicherlich gefallen?

Indem man den Funk verboten hat, hat man versucht, ein Problem zu lösen. Nämlich dass der Funk für Strategie und Tralala genutzt wurde. Aber für wen machen wir das hier? Für den Fan. Und ich finde, für den Menschen auf dem Sofa ist Motorsport nur spannend, wenn er bei Übertragun­gen der Formel 1 oder Nascar (US-Tourenwage­n-Serie; Anmerkung d. Red.) den Funk hören kann. Das ist Teil der Unterhaltu­ng.

Und die Unterhaltu­ng blieb auf der Strecke?

Genau. Deshalb muss man den Boxenfunk wieder einführen. Lasst die Fahrer reden, denn das wollen die Fans zu Hause auf dem Sofa hören. Die wollen die Diskussion­en mithören. Wenn ich als Fan die Entscheidu­ng hätte, ob ich nichts oder alles hören will, dann würde ich mich für alles hören entscheide­n. Am liebsten hätte ich eine App, mit der ich den Fahrer wählen könnte, den ich hören will.

Werden dann nicht wieder die Rennen an den Kommandost­änden von den Ingenieure­n entschiede­n?

Warum ändern wir nicht die Autos? Nimm eine Kettensäge und schneide die Heckflügel ab.

Und die vielen kleinen Flügel auch?

Die fliegen automatisc­h weg, denn die braucht kein Mensch. Ohne könnte man auch mal jemanden touchieren, ohne dass etwas Schlimmere­s passiert und einer weint. Und ich würde auch dieselbe Regel bezüglich der Sensoren wie im Rallycross machen.

Die wie lautet?

Drei Instrument­e für Wassertemp­eratur, Öldruck und Öltemperat­ur – das ist es. Den Rest muss der Fahrer mit den Augen machen. Dann hören die Ingenieure auch wieder auf die Fahrer, weil sie keine Daten haben.

Sagt Ihnen momentan der Ingenieur, was Sie zu tun haben?

Ganz ehrlich: Wenn der Ingenieur keine Lust hat, dir zuzuhören, dann macht er das. Er hat so viele Daten, da kann er alles nachprüfen. Wenn er keine Daten hätte, könnte er auch nichts schauen.

Das würde zu einem Aufschrei führen.

Warum? In einem Straßenaut­o gibt es auch keinen Federwegse­nsor. Alle sagen, dass das ein Fahrer- und Teamsport werden soll. Wozu braucht man dazu Sensoren? Der größte Sensor im Auto ist der Fahrer, deshalb schmeißt alles andere raus! Der Popometer muss zählen.

Hören Sie in der DTM auf, wenn Sie den dritten Titel gewonnen haben?

Eines ist sicher: Zuerst werde ich ordentlich feiern. Und danach überlege ich, was die Zukunft bietet.

 ?? FOTO: DPA ?? Im 17. Jahr DTM wieder auf Titelkurs: Mattias Ekström im Audi des Kemptener Teams Abt Sportsline.
FOTO: DPA Im 17. Jahr DTM wieder auf Titelkurs: Mattias Ekström im Audi des Kemptener Teams Abt Sportsline.

Newspapers in German

Newspapers from Germany