Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Auf den Spuren des Großvaters
Mit der Dokumentation der Zeichnungen und Bilder, die sich in seinem Eigentum befanden, begann die Beschäftigung Jörg Ulrichs mit seinem Großvater Franz Xaver Mußotter. Das Nesthäkchen der Mußotters war seine Mutter. Von ihr schrieb ihr Vater in seinen Lebenserinnerungen Ende 1940: „Meine Jüngste, die Helene, ist mit ihren zwei netten, herzigen Kindern ebenfalls gut gebettet. Sie hat sich als Hausfrau und Geschäftsfrau gut bewährt, und jedenfalls hätte ihr Sepp, der mir etwas zu altmodisch konservativ vorkommt, keine bessere Frau finden können.“
Jörg Ulrich stöberte Jahrzehnte später in Skizzenbüchern, las die oft mit Zeichnungen versehenen Briefe seines Großvaters und nahm Kontakt zu Geschwistern, Vettern und Basen und ihren Familien auf, um auch bei ihnen auf den Spuren des Großvaters zu wandeln. Er reproduzierte Gezeichnetes und Gemaltes, übertrug von Hand Geschriebenes, darunter auch viele Gedichte, in den Computer und gestaltete drei Bücher: eines mit den Lebenserinnerungen, darunter viele Kriegserlebnisse, eines mit Gedichten und ein drittes mit Bildern.
Als Berufsfotograf mit dem Metier bestens vertraut, gestaltete er für die Ausstellung ein Poster mit Zeichnungen und Bildern, die sich in den Skizzenbüchern befinden, ein zweites mit einer Auswahl von Gedichten und Fotografien. Wer die Ausstellung besucht, sollte Zeit mitbringen und sich nicht nur die Bilder und Zeichnungen, darunter viele kleinformatige, ansehen, sondern sich auch mit dem geschriebenen Wort befassen und sich freuen, dass diese Schätze gehoben worden sind und der Nachwelt erhalten bleiben. Doch es gibt auch noch Verborgenes, wie Jörg Ulrich bei der Vernissage erfuhr, als ihm eine Verwandte eröffnete, dass sich bei ihr noch ungesichtete Kisten mit Briefen und Skizzenbüchern befänden. Die Arbeit für ihn geht also nicht aus. Welche Begegnung ihm von seinem Großvater in Erinnerung blieb? Als Fünfjähriger stibitzte er ihm einen Keks und machte sich schnell davon, als Strafe drohte. (wawo)