Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Tore für Leipzig, den VfB im Herzen
Timo Werner bestreitet am Samstag sein erstes Duell gegen seinen Heimatclub
LEIPZIG (dpa/falx) - Es hätte alles so schön sein können. Ein echter Stuttgarter Jung aus Bad Cannstatt, der mit sechs Jahren zum ersten Mal das Trikot mit dem Brustring auf dem Rasen repräsentiert, sich durch alle Jugendmannschaften dribbelt, seinen Verein zurück in die Bundesliga schießt und zum gefeierten Nationalspieler aufsteigt. Doch es ist eben dieses eine Wort „hätte“, das dieses Fußballmärchen noch vor dem Happy End eine andere Richtung einschlagen ließ. Timo Werner brach nach dem Abstieg auch aus Angst um seine Karriere, mit seinem Herzensclub und streifte fortan das Trikot der Leipziger Bullen über.
Nun steht am Samstag (15.30 Uhr/ Sky) das erste direkte Duell gegen seinen VfB an. Die Stuttgarter weinen dem Angreifer mittlerweile so manche Träne nach. „Er ist ein bisschen zu früh weggegangen, er hätte mir hier auch Spaß gemacht“, meint VfB-Coach Hannes Wolf lachend. Er, der Werner, mittlerweile Stammkspieler in der Nationalmannschaft, noch als Jugendspieler kennt und trainierte, zeigt Verständnis: „Es war dann sicher auch oft eine nicht ganz so einfache Zeit für einen jungen Spieler hier.“Der jüngste Pflichtspiel-Debütant der Bundesliga sollte bereits in jungen Jahren vorangehen. Vor allem in der Abstiegssaison trug er so eine Last auf seinen schmalen Schultern, die kein damals 19-Jähriger hätte tragen können.
Leipzigs Sportdirektor Ralf Rangnick, noch so ein Ex-Stuttgarter, hatte die besseren Argumente. Auch Nachwuchschef Frieder Schrof, den Werner noch aus dem Ländle kannte und seinen Mentor nennt, überzeugte den Stürmer in vielen Gesprächen für die Übersiedlung. Werners Entwicklung ging rasant weiter. „Er hat einfach einen Top-Weg gemacht, nicht das hier alles schlecht war vorher, aber jetzt in einer ChampionsLeague-Mannschaft hat er sich super entwickelt und ist auch Nationalspieler geworden“, sagt Wolf – der auch keine Pfiffe vom Stuttgarter Publikum erwartet. „Nein, auf keinen Fall. Er hat sich nichts zuschulden kommen lassen.“Außerdem „liegt der VfB Timo noch am Herzen“, wie Rangnick den „Stuttgarter Nachrichten“sagte.
Startelf garantiert
Pfeilschnell, hellwach auch in der Rückwärtsbewegung und torhungrig: In der Vorsaison waren es 21 Treffer in der Bundesliga, jetzt steht er bei fünf in der Liga und sechs in nur acht Länderspielen. Werner trieb seinen Marktwert in zwei Jahren exorbitant in die Höhe. Auf 50 Millionen Euro taxiert „transfermarkt.de“mittlerweile seinen Marktwert. Und auch die Schwalben scheint er sich mittlerweile abgewöhnt zu haben. „Timo kann ein Ausnahmespieler werden, der eine eigene Marke wird und nicht mit anderen Spielern verglichen werden muss, um ihn zu beschreiben“, sagt RB-Kapitän Willi Orban. Trainer Ralph Hasenhüttl sieht bei seinem Topstürmer „keine Limits“.
Werner selbst gibt sich zurückhaltend. Er konzentriere sich ganz auf Leipzig. Eine Vertragsverlängerung habe derzeit aber nicht die oberste Priorität. Der FC Bayern sei aber kein Thema, mit dem er sich beschäftige. Wenn, dann reize ihn eher das Ausland.
Doch erst einmal soll der 21-Jährige nach seiner jüngsten Zwangspause gegen seinen Heimatverein in der Bundesliga wieder von Beginn an stürmen. Ganz spurlos geht so ein steiler Aufstieg auch nicht an Überfliegern vorbei. Die Belastung aus Bundesliga, Länderspielen und womöglich auch der öffentliche Druck nach der letztjährigen SchwalbenAffäre, haben sicher dazu beigetragen, dass er im Champions-LeagueDuell bei Besiktas Istanbul sich mit starken Kopfschmerzen und Kreislaufproblemen hatte auswechseln lassen. Der Lärm im Stadion wurde ihm zu viel. Später wurde noch Halswirbelsäulenverletzung diagnostiziert. Doch nun ist auch das überwunden. Beim 3.2 gegen Porto am Dienstag kam er in der 75. Minute, gegen den VfB wird er in der Startelf stehen.
Wie der VfB ist Leipzig im eigenen Stadion noch ungeschlagen, Stuttgart hat auswärts noch nicht einen Punkt gesammelt. Die Vorzeichen stehen also alles andere als günstig. Für Wolf und sein Team wird es vor allem darauf ankommen, die wenigen sich bietenden Chancen zu nutzen. „Darum tut es weh“, so der VfB-Coach, dass der zuletzt formstarke Flügelstürmer Anastasios Donis wegen einer Schultereckgelenkssprengung mehrere Wochen ausfällt. Für ihn dürfte Chadrac Akolo wieder in die Startelf rücken. Sonst sollen vor allem die Stürmer Simon Terodde und Daniel Ginczek für Tore sorgen beim VfB. Denn Timo Werner spielt ja längst für den Gegner.