Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Die schwarze Serie hält an
Der VfB verliert auch in Leipzig knapp, aber verdient, und wartet weiter auf den ersten Auswärtspunkt
STUTTGART (dpa/SID/zak) - Allmählich hat der VfB Stuttgart Übung darin: Er fährt zu einem Auswärtsspiel, verliert dort ein wenig unglücklich und hadert danach, eine weitere Gelegenheit zum Punktesammeln verpasst zu haben. „So langsam fängt es schon ein Stück weit an zu nerven“, sagte Torwart Ron-Robert Zieler nach dem 0:1 (0:0) beim Vizemeister RB Leipzig. Auch Innenverteidiger Timo Baumgartl tat es „wieder weh, auswärts zu verlieren, obwohl wir zumindest ein Unentschieden hätten mitnehmen können“.
Die Auswärtsbilanz des Bundesliga-Aufsteigers ist trostlos: fünf Spiele, fünf Niederlagen, null Punkte. Der Effekt des Auftritts in Leipzig ist der gleiche wie zuletzt nach dem unglücklichen 1:2 bei Eintracht Frankfurt: Im nächsten Heimspiel steht die Mannschaft von Trainer Hannes Wolf enorm unter Druck. Gelingt am Sonntag im Derby gegen den SC Freiburg nicht der vierte Heimsieg, droht der Absturz in die Abstiegszone – allerdings hätten wohl auch nur hoffnungslose Optimisten erwartet, dass das neuformierte Team nach dem neunten Spieltag bereits gerettet ist.
In Leipzig schickte Wolf seine Mannschaft wieder mit einer DreierAbwehrkette auf den Rasen, die in der Rückwärtsbewegung zur Fünferkette wird. Die Defensivtaktik zahlte sich aber nur bis zur 23. Minute aus – bis Marcel Sabitzer den Ball in den linken Torwinkel zirkelte.
Wie in Frankfurt ließ Wolf sein Team nach der Pause deutlich offensiver spielen, doch wieder reichte es nicht. Am Matchplan ließ er keine Kritik zu – auch wenn er einmal mehr erfolglos blieb. Wolf gab sich wie immer demütig. „Wir haben ein gutes Spiel gemacht. Wir hätten gerne etwas mitgenommen, haben wir aber nicht. Jetzt geht es wie immer darum, daraus zu lernen und besser zu werden“, sagte der 36-Jährige, der den lange verletzten Emiliano Insua erstmals in der Bundesliga als Linksverteidiger aufgestellte hatte. Dennis Aogo rückte dafür ins offensive Mittelfeld neben Takuma Asano, verletzte sich aber früh, für ihn kam der lange nicht mehr berücksichtige Denis Burnic. Nur: All die Umstellungen fruchteten wenig, der verletzte und zuletzt so starke Anastasios Donis mit seiner Rasanz wurde schmerzlich vermisst.
Dabei war den Leipzigern anzumerken, dass ihnen nach den furiosen 3:2-Siegen in Dortmund und gegen Porto die Kraft fehlte, um ihren furiosen Tempofußball zu spielen. Auch beim Ex-Stuttgarter Timo Werner, der nach seinen Halswirbelproblemen erstmals wieder von Beginn an spielte, war von der gewohnten Dynamik nichts zu sehen.
Auch wenn Asano mit der Hacke den Pfosten traf (56.) und der VfB nach der Pause weitere Chancen herausspielte: Nur sechs Tore in neun Spielen könnten auch Wolf bald dazu bringen, schon von Beginn an mehr als nur drei Offensivkräfte einzusetzen und nicht erst später im Spiel.
Auch VfB-Abwehrchef Holger Badstuber haderte mit dem Ergebnis. Leipzig sei nach den vorherigen Partien und vor den Duellen mit dem FC Bayern im Pokal und in der Liga „nicht so fokussiert“gewesen. „Da muss man die Chance auch mal nutzen.“Eine Gelegenheit, Auswärtsspiele mit neuer Taktik anzugehen, dürfte das Pokalspiel bei Zweitligist Kaiserslautern sein. Dort tritt der VfB am Mittwoch (18.30 Uhr) als Favorit an.
Leipzig dagegen scheint bereits im zweiten Bundesliga-Jahr ein Topteam geworden zu sein, gewinnt mit spielerischer Klasse oder eben dreckig wie gegen den VfB. Das war dem Team in der Vorsaison noch nicht so gelungen, stets agierte es in seinem rasanten Hurra-Fußball. Nicht schön spielen und gewinnen, auch das können die Leipziger also nun. „Es ist eine Qualität, die wir uns erarbeitet haben“, sagte Hasenhüttl, und die RB schon wieder auf Platz drei führte – einen Punkt hinter Dortmund und den Bayern.
Die, die einen Einbruch des Sensationszweiten vom Mai erwartet oder erhofft hatten, irrten – auch, weil die Spieler dem Trainer und dessen Rotationsprinzip ohne Murren folgen. Naby Keita spielt mittlerweile mannschaftsdienlicher, Zugänge wie Bruma, Kevin Kampl und Jean-Kevin Augustin sind integriert. „Man sagt ja immer, das zweite Jahr wird das schwerere. Bis jetzt machen wir das überragend“, sagte Hasenhüttl. „Es kommen immer frische Leute und wir haben einen breiten Kader. Wir hoffen, dass wir so weitermachen können“, sagte Sabitzer, eine der Konstanten im Team. Der Mittelfeldspieler sollte gegen den VfB eigentlich pausieren. Weil Bruma kurzfristig ausfiel, musste er doch ran, überzeugte und traf. Erfolgsrezept: „Auch wenn du müde bist, dann musst du da drüber gehen.“
Stuttgarts U23 vor Aus: Der VfB denkt darüber nach, seine zweite Mannschaft in der RegionalligaSüdwest vom Spielbetrieb abzumelden. „Es gibt Überlegungen, sie sind aber noch nicht abgeschlossen“, sagte Sportvorstand Michael Reschke. Der 60-Jährige hatte bereits 2014 bei Bayer Leverkusen das Reserveteam abmelden lassen. Er hält es für besser, wenn Talente entweder direkt in den Profikader befördert oder an einen Verein aus der Zweiten oder Dritten Liga ausgeliehen werden. Die Nachwuchsabteilung werde für den VfB „überragend wichtig bleiben und kein bisschen an Bedeutung verlieren“.