Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Kinder bekommen Einblicke in Bachs Werke
Johann Sebastian Bach und Martin Luther zu Gast in Riedlingen
RIEDLINGEN - Zu einem kindgerechten Rollenspiel schrieb Jürgen Berron das Libretto als Einführung in Bachs Reformationskantate und seine Missa in A-Dur, die in St. Georg aufgeführt wurden. Nachdem die Kinder den Chor, die Solisten und vor allem das Orchester zusammengestellt hatten, erschienen Bach und Luther als unerwartete Gäste. Sie wussten viel über die Werke des Abends zu erzählen.
„Hallo, schön dass Ihr alle da seid, wir begrüßen euch zu unserem Bachkonzert“, rief Jürgen Berron den vielen Kindern mit ihren Eltern zur Einführung in das Bachkonzert der Kantorei zu.. „Doch wo sind denn alle?!“Das fragten sich auch Angelina Gribanov und Antje Behm als umsichtige Moderatorinnen: „Da sind nur Stühle und Notenständer und eine komische Kommode.“Also stellten die Kinder ein Orchester zusammen, wie es vor 300 Jahren vielleicht musiziert hat. „Wer von euch spielt ein Instrument?“, fragte Berron. Und siehe: Viele Finger reckten sich in die Höhe. Sie standen für Cello und Geige, doch nicht für ein Klavier, das manche Kinder auch spielen. Die Kommode entpuppte sich als eine kleine Orgel in Form einer Truhe. Benötigt wurden jedoch auch Kontrabass und Bratsche, Fagott, Oboe und Querflöte. Nachdem das Orchester nun Platz genommen hatte, wurden die Gesangssolisten und der Chor hereingebeten.
Berron erklärte den Kindern, dass eine Missa ein musikalischer Teil des Gottesdienstes ist. Zu Beginn erklingt immer ein Kyrie. Als erstes Musikbeispiel haben Solisten, Chor und Orchester dieses dreiteilige Werk vorgestellt.
Nun hätte das Gloria erklingen können. Doch da kam ein unerwarteter Gast in die Georgskirche. „Ihr habt gar trefflich musizieret“, stellte er fest, „das freuet mich gar sehr.“Es sei wunderbar für ihn, eines seiner Werke zu hören. Die beiden Moderatorinnen fanden rasch heraus, dass der Gast Johann Sebastian Bach aus Leipzig war. Er gab nun Einblick in sein musikalisches Schaffen .
„Ich habe bewusst Messen komponiert, die im katholischen und im evangelischen Gottesdienst aufgeführt werden können“, betonte er. Daher habe er viele seiner Kompositionen immer wieder überarbeitet, dass man sie mehrfach in ein Programm aufnehmen konnte. Ganz verschiedenartige Werke habe er geschrieben. So zum Beispiel eine Soloarie mit drei Instrumenten, die aus drei Teilen besteht und in einer Tonart mit drei Kreuzen, eben A-Dur, notiert ist, weil die Zahl drei mit Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiligem Geist zusammenhängt. Dazu passten weite Partien des jubilierenden Gloria.
Doch ebenso unerwartet erschien ein zweiter Gast, nämlich Martin Luther. Er kam über die Alpen zurück aus Rom. Dort war er unzufrieden mit der Kirche. „Viele Priester haben die heilige Messe viel zu schnell und zu schludrig gelesen. Von Heiligkeit war oft nichts zu spüren,“monierte er. So dachte er, auf dem Rückweg könnte er bei Johannes Zwick in Riedlingen zu einem Besuch vorbeischauen. Luther hörte den Gesang in der Georgskirche, freute sich über das Zusammentreffen mit Bach und meinte, man sollte Lieder viel mehr auch in deutscher Sprache schreiben.
Da war es eine große Freude für die beiden Gäste, dass die Kantoreien Riedlingen und Pfullingen gerade Luthers große Reformationskantate „Ein feste Burg ist unser Gott“anstimmten. Für die Kinder, die aufmerksam dem Gespräch von Angelina und Antje mit den Gästen und dem Musizieren lauschten, gab es viele Neuigkeiten aus dem Leben von Bach und Luther und ihrer Zeit zu erfahren.