Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Aufsuchende Arbeit im Fokus
Gemeinderat bewilligte weitere finanzielle Unterstützung für das Haus Nazareth
Gemeinderat bewilligte finanzielle Unterstützung für das Haus Nazareth.
RIEDLINGEN - Mehr Kontinuität bei der Betreuung der Jugendlichen in Riedlingen forderte Gemeinderat Manfred Schlegel nach dem Bericht der Verantwortlichen des Hauses Nazareth Sigmaringen über die offene Kinder- und Jugendarbeit, verlange diese doch ein Vertrauensverhältnis zwischen beiden Parteien. Der Grund: Bernd Schmidl verabschiedete sich nach nicht einmal einem Jahr bereits wieder und der Erzieher Markus Wolf stellte sich vor. Erhalten bleibt in der aufsuchenden Arbeit Eugen Husch, der bis August 2017 ein freiwilliges soziales Jahr absolviert hatte, jetzt studiert und seit September als Honorarkraft Wolf bei der aufsuchenden Arbeit unterstützt. Auch aus Sicherheitsgründen will man hier zu zweit unterwegs sein, sagte HausNazareth-Geschäftsführer André Poußet. Dafür bewilligte der Gemeinderat dem Haus Nazareth eine finanzielle Zuwendung von 1600 Euro für das Jahr 2017 und 2400 für 2018.
Zweimal pro Woche an den Wochenenden und meistens abends würde sie durchgeführt, erläuterte Schmidl. In Abstimmung mit Polizei und Ordnungsamt würden die Orte aufgesucht, wo sich die Jugendlichen bevorzugt aufhielten: Schulen, Bahnhof, Missmahlsche Anlagen, am Tennisheim, auf Spielplätzen, der Donauinsel, Stadtgraben, Stadthalle, Flugplatz, Krankenhaus und wieder vermehrt am Tourist-Energy-Point. Mit Vandalismus seien sie dort nicht konfrontiert worden, hörte Gemeinderat Jörg Boßler, doch spiele häufig Alkohol eine Rolle.
Wenn Glasscherben oder Müll rumlägen, bitte man um Beseitigung. Doch wolle man sich die Beziehung zu den Jugendlichen nicht verscherzen. Anliegen der aufsuchenden Arbeit sei, jene Jugendlichen, mit denen man noch keinen Kontakt habe, ins Jugendhaus einzuladen. Auch werde dabei auf die Hilfen aufmerksam gemacht, die geboten werden – auch bezüglich des Alkoholkonsums, der manchmal „schon bedenklich“sei.
Aufsuchende Arbeit
Häufig treffe man auch Jugendliche an, die bereits ins Jugendhaus kommen. Bürgermeister Marcus Schafft machte darauf aufmerksam, dass bei der aufsuchenden Arbeit nicht alle junge Menschen erfasst würden. Gefragt, wie man vorgehe, antwortete Schmidl Gemeinderat Harald Reiner, dies geschehe „sehr sensibel“, schließlich dringe man in private Gruppen ein, die man zunächst störe. Schon durch Zuruf stelle man sich vor und vermerke, dass man sich mit ihnen unterhalten wolle. Wenn es Schwierigkeiten gebe, gehe man wieder. Deutlich werde den Jugendlichen gemacht, dass man für sie zu jeder Tag- und Nachtzeit da sei.
Die Bürosprechzeiten würden für die Problembewältigung in der Familie, in Beziehungen, der Schule, mit Sucht, aber auch in der Arbeit mit Flüchtlingen und beim Bewerbungscoaching stark wahrgenommen. Das Jugendhaus wird gut frequentiert, die größte Gruppe seien Spätaussiedler. Aber auch andere Nationalitäten seien vertreten, inklusive Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan.
Vielfältig sei das Angebot an Aktionen und Projekten. So werde im Fototreff ein Film erstellt, es gibt Kartenspiel-Wettbewerbe auch für Außenstehende. Diskutiert würde unter dem Motto „Meine Identität und ich?“die häufig empfundene Zerrissenheit zwischen Herkunft und der Frage, „wo gehöre ich hin?“Alle Menschen mit Migrationshintergrund fragten sich das, so Schmidl. Billardtraining wird geboten.
Großer Beliebtheit erfreue sich das Boxtraining, geleitet von einem afghanischen Flüchtling, einem in seiner Heimat preisgekrönten Ringer. 15 bis 20 Leute nähmen daran teil. Es ist angedacht, dass der Mitternachtssport – bisher in Bad Saulgau angesiedelt – künftig in Riedlingen stattfinden soll. Man sei in Gesprächen mit der Stadt, bräuchte dann aber auch Mitarbeiter.
Erfolgreich verlaufen sei der Losverkauf beim Christkindlesmarkt. Am „glombigen Donnschtig“und am Flohmarkt lud das Jugendhaus zum Tag der offenen Tür. Am Ferienprogramm beteiligte es sich mit vier Projekten und gewann Besucher hinzu. Jugendlichen wurde die Gelegenheit geschenkt, an einem Erlebnispädagogik-Projekt in Bad Saulgau teilzunehmen. Mit Behörden, Vereinen und Institutionen wird Netzwerkarbeit geleistet.
Bei ihnen stellte sich inzwischen als neuer Betreuer der Erzieher Markus Wolf vor, der die von Schmidl geschilderte Angebote weiterführt und ergänzt. Da er auch schon als Fitnesstrainer gearbeitet hat, will er das Thema Fitness neu ins Programm aufnehmen. Ein Projekt Berufswahl hat er auf dem Plan und gemeinsame Veranstaltungen mit den Schulen. Zunächst gelte es jedoch, den Film über das Jugendhaus fertig zu stellen. Er denke, dass im Jugendhaus gute Arbeit geleistet werde, sagte Schafft und empfahl den Gemeinderäten dessen Besuch: „Machen Sie sich ein eigenes Bild.“