Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Erfolg auf Basis geltenden Rechts
Der Fall des am Dienstag in Schwerin festgenommenen Terrorverdächtigen aus Syrien zeigt erneut und wenig überraschend: Die Bedrohung durch islamistischen Terror ist und bleibt auch in Deutschland hoch. In diesem Fall des Yamen A. lesen sich die Einschätzungen aus der Politik, den Behörden und Sicherheitskreisen besonders beunruhigend. Daraus abgeleitet eine weitere Verschärfung der Sicherheitsgesetze zu fordern, ist aber ein wenig sinnvoller Reflex.
Der Bundesinnenminister spricht von einem „schweren Terroranschlag“, dem Deutschland entkommen sei. Die Bundesanwaltschaft geht reichlich bürokratisch davon aus, dass eine Bombe des Verdächtigen über eine „hohe Wirkladung“verfügt hätte. In Sicherheitskreisen ist von einem potenziellen Anschlag von „verheerendem“Ausmaß die Rede. Diese Einschätzungen sind – davon dürfen wir ausgehen – so beängstigend wie wahr. Ebenfalls wahr ist aber: Es ist nicht zu diesem Anschlag gekommen, weil Polizei und Geheimdienste dem Verdächtigen auf die Schliche gekommen sind, ihn über Wochen observierten und schließlich dingfest machten. Das ist ein großartiger Erfolg der Ermittler. Ein Erfolg, den sie auf Grundlage der bestehenden Gesetze realisiert haben. Vieles, was im Fall des Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri verheerend fehlgeschlagen war, hat diesmal ganz offenbar geklappt.
Vor dem Hintergrund der laufenden Jamaika-Sondierungen kann eine Lehre aus dem Ermittlungserfolg von Schwerin also durchaus lauten: Wenn die bestehenden Gesetze zielgerichtet Anwendung finden, sind sie geeignet, die Bürger wirksam vor Terror zu schützen. Weiter zugespitzte Sicherheitsgesetze zulasten von Freiheitsrechten sind also nicht der einzig gangbare Weg. Vielmehr wäre es sinnvoll, die Ermittlungsbehörden sowohl personell als auch technisch so aufzurüsten, dass sie die mutmaßlich leider dauerhaft bestehenden Herausforderungen durch den Terror regelmäßig so souverän meistern können wie im Fall des Yamen A. in Schwerin.
andreas.mueller@schwaebische.de