Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Uni plant Cannabis-Zucht in Allgäuer Atombunker
Forscher beantragen Anbau der Pflanzen auf altem Militärflugplatz bei Memmingen
MEMMINGEN (lby) - Einst starteten auf dem Gelände Kampfflugzeuge der Bundeswehr. Nachdem der letzte „Tornado“aus Memmingerberg längst abgezogen ist, sollen dort Hanfpflanzen gedeihen. Im Atomschutzbunker des einstigen Fliegerhorstes wollen Wissenschaftler an Cannabispflanzen forschen. Noch steht allerdings die Genehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte aus.
Sollte die Erlaubnis bis Ende 2017 vorliegen, könne der Anbau der Cannabispflanzen im Frühjahr 2018 starten, sagt Professor Wolfgang Eisenreich von der Technischen Universität (TU) München. Das Projekt soll mindestens drei Jahre laufen.
Eisenreich möchte rund 80 verschiedene Zuchtlinien untersuchen. „Es gibt relativ wenige wissenschaftliche Studien zu Cannabis“, erklärt er. Nach dem Anbau würden die Extrakte der Cannabispflanzen zum TU-Campus in Garching bei München zur Laboranalyse gebracht.
Zweiter Partner des Projektes ist die Allgäuer Gesellschaft Bunker Pflanzenextrakte. Sie will den früheren Atombunker für den Anbau nutzen, weil die Militäranlage alle Sicherheitsvoraussetzungen erfülle. Geschäftsführer Christoph Rossner setzt sich nach eigenen Angaben seit Jahren für die Zulassung und Erforschung von Cannabis als Arznei ein.
Gesetz erlaubt Nutzung als Arznei
Um die schwierige Versorgung schwer kranker Patienten sicherzustellen, soll auch in Deutschland Cannabis zu medizinischen Zwecken angebaut werden. Ein im März 2017 in Kraft getretenes Gesetz hat die Möglichkeiten dazu erweitert. Beim Bundesinstitut wurde eine Cannabisagentur eingerichtet, um den Handel zu medizinischen Zwecken zu überwachen. Cannabis kann beispielsweise bei Schmerzpatienten und Kranken mit Multipler Sklerose von den Ärzten verschrieben werden.
Für die Zeit von 2019 bis 2022 will das Bundesinstitut den Ankauf von 6600 Kilogramm Cannabis erlauben. Mehr als 100 Interessenten haben sich beworben und wollen liefern. Es handelt sich vor allem um Unternehmen aus Deutschland. Das Verfahren läuft noch.
Der Atombunker bei Memmingen ist aus dem Kalten Krieg. Auf dem Fliegerhorst war einst das Jagdbombergeschwader 34 „Allgäu“der Bundeswehr stationiert. Nach mehr als 40 Jahren wurde die Einheit 2003 aufgelöst und der Militärflugplatz geschlossen. Unternehmer Rossner kann sich vorstellen, dass der Bunker auch nach dem Forschungsprojekt für den Cannabisanbau im Rahmen des staatlichen Beschaffungsprojekts weiter verwendet wird.