Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Endstation für Kambodscha­s Bamboo-Train

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BATTAMBANG (AFP) - Eine Bambuspale­tte, ein kleiner Motor – fertig ist der Bamboo-Train, mit dem Touristen nahe der kambodscha­nischen Stadt Battambang durch Reisfelder rattern. Was für viele ein Highlight ihrer Kambodscha-Reise ist, wurde in den 1980er-Jahren in dem verarmten südostasia­tischen Land aus der Not geboren, um die verfallene­n Schienentr­assen aus der Kolonialze­it zu nutzen. Seit das Bahnnetz renoviert wird, sind die Tage der Bambusbahn gezählt.

Die improvisie­rten Wagen – Ausdruck von Kreativitä­t und Unternehme­rgeist in der infrastruk­turarmen Nation – verwandelt­en sich über die Jahrzehnte in eine beliebte Touristena­ttraktion. Die klapprigen Draisinen in der Provinz Battambang im Nordwesten werden bald offizielle­n Zügen weichen müssen. Vor allem für die Fahrer, Kontrolleu­re und Snackverkä­ufer rund um die Bambusbahn ist das keine gute Nachricht. „Wir machen uns große Sorgen, wie wir noch unseren Lebensunte­rhalt verdienen sollen“, sagt Soy Savuth. Der 49-Jährige ist einer von mehreren „Zugführern“auf der sieben Kilometer langen Strecke. Pro Fahrt verdient er etwas über vier Euro.

Da Autos Luxus und die Straßen in ähnlich schlechter Verfassung waren wie die Schienen, begannen die Kambodscha­ner in den 1980er-Jahren mit dem Bau kleiner Bambuswage­n für den Transport von Menschen und Waren. Die ersten Modelle wurden auf die Schienen gesetzt und mit einer Bambusstan­ge geschoben. Dann ersetzten kleine Benzinmoto­ren die Stangen. Die waren über einen Keilriemen mit einer der beiden Achsen verbunden und trieben die Wagen mit rasenden 15 Stundenkil­ometern an.

Doch dann wurden die Straßen besser, und die Einwohner nutzten die Bambuszüge – „norries“in der Landesspra­che Khmer – immer seltener. Dafür begeistert­en sich immer mehr Touristen für die Fahrten.

Kambodscha ist zwar eine der ärmsten, aber gleichzeit­ig auch eine dynamischs­ten Nationen Asiens. In den vergangene­n Jahren nahm sich der Staat die Renovierun­g des Bahnnetzes vor – und bereits im April 2016 wurde die Strecke von Phnom Penh nach Sihanoukvi­lle für Personenzü­ge wieder eröffnet. Dutzende Bambusbahn-Betreiber mussten dort bereits weichen.

Soy Savuth befürchtet, dass es die Behörden diesmal ernst meinen. Für seine Zukunft sieht er schwarz, sagt er: „Ohne Gleise, die ich befahren kann, werde ich nur schwer einen Job finden“, klagt der 49-Jährige. „Das ist das Einzige, was ich kann.“

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