Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Für die Freiheit müssen wir keinen Cent aufbringen“
500 Jahre Reformation: Gottesdienst in Pflummern würdigt den Reformator Martin Luther
PFLUMMERN - In vielen Teilen Deutschlands haben Kirchengemeinden der Reformation vor 500 Jahren gedacht – so auch im evangelisch geprägten Pflummern. Am 31. Oktober 1517 schlug Martin Luther seine 95 Thesen an die Schlosskirche in Wittenberg (Sachsen-Anhalt) an. Im Gedenken daran fand der Gottesdienst in der Pflummerner Pfarrkirche statt. Pfarrerin Gudrun Berner sprach in ihrer Predigt über Luthers Kritik an den Ablassbriefen und über den Zusammenhang zwischen Freiheit und Reformation.
Sie betonte zunächst die Bedeutung des Reformationsjubiläums. 2008 sei die Lutherdekade, ein Zeitraum von zehn Jahren, eröffnet worden, in welchem die evangelische Kirche bereits auf die Bedeutung der Reformation hinwies. So sei vergangenes Jahr in Pflummern eine neue Altarbibel mit der vollständigen Überarbeitung der Lutherübersetzung in Gebrauch genommen worden. Ein Bild Martin Luthers, das vor einigen Jahren noch in der Sakristei auf der Nonnenempore in Heiligkreuztal war, wurde Teil der Stuttgarter Ausstellung „Luther kommt nach Württemberg“.
Pfarrerin Berner bezeichnete die Reformation als eine Bewegung, die die Menschen vor Angst befreite und Licht ins Christentum brachte. In ihrer Predigt spielte das Wort „Freiheit“eine große Rolle. Dieses kommt auch im zweiten Korintherbrief vor: „Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.“Für die Besucher des Gottesdiensts gab es Faltblätter der württembergischen Landeskirche zum Reformationsjubiläum. Wenn man sie anschaue, dann fielen einem drei Wörter auf, so Berner. Und das seien die letzten drei Worte des Zitates aus dem zweiten Korintherbrief („…da ist Freiheit“). Somit werde auf den ersten Blick klar, dass die Reformation mit der Freiheit zusammenhänge, fügte Berner hinzu. „Heute sehnen wir uns nach Freiheit, wissen aber zugleich die Freiheitsrechte, gerade in Zeiten von willkürlichen Inhaftierungen, zu schätzen.“Freiheitsrechte, die bei uns in Deutschland als Grundrechte gelten, könnten in anderen Ländern gefährdet sein, sagte sie.
Der Reformator Luther hingegen betonte die befreiende Kraft des Evangeliums in seiner wegweisenden Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“. Die Pfarrerin ging genauer auf zwei Sätze der Schrift ein. Zum einen: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan“. Wie der Apostel Paulus, sehe Luther die Freiheit in Christus begründet. Gerade in einer Zeit, die geprägt war vom blühenden Ablasshandel und der Angst, von Gott ins ewige Verderben geführt zu werden, schrieb Luther diese Zeilen. Doch nach biblisch-christlichem Verständnis gebe es keine Selbsterlösung und kein Freikaufen von Sünden. Allein Gottes Erbarmen schenke uns Freiheit, fasste die Pfarrerin zusammen. „Diese Freiheit beruht nicht auf Leistungen, denn wir müssen für sie keinen Cent aufbringen“, ergänzte sie. Der zweite wichtige Satz aus Luthers Schrift lautete: „Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“Damit sei gemeint, dass Christen keinen blinden Gehorsam leben, sondern stattdessen ihren Glauben an dem barmherzigen Gott durch Liebe und Erbarmen zum Ausdruck bringen sollen. Zusammengefasst dürfe sich jeder Christ über die Freiheit, die ihm durch die Taufe geschenkt wurde, freuen, sagte Berner.
Opfergeld kommt Projekt für ägyptische Kinder zugute
Der feierliche Gottesdienst wurde durch verschiedene Lieder von Luther wie „Nun freut euch liebe Christen g’mein“oder „Ein feste Burg ist unser Gott“abgerundet. Nach der Predigt fand eine Abendmahlfeier statt.
Mit dem Opfergeld des Festgottesdiensts wird die Arbeit der württembergischen Bibelgesellschaft in Ägypten und Deutschland unterstützt. Bei einem Projekt sollen unter anderem Bibellesekurse für ägyptische Kinder angeboten werden. Rund ein Drittel der Bevölkerung in Ägypten kann nicht lesen und schreiben, obwohl sie in die Kirche gehen. Mithilfe des Projektes sollen ägyptische Familien zusätzlich in ihrem Glauben gestärkt werden. Außerdem wird mit dem Geld das „bibliorama“, ein Bibel-Mitmachmuseum in Stuttgart, unterstützt.