Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

45 Jahre im gleichen Betrieb

Walter Mayer wird von der Firma Böhmer aus Langenensl­ingen geehrt.

- Von Eva Winkhart

LANGENENSL­INGEN - Seit 45 Jahren und zwei Monaten ist Walter Mayer bei der Firma Böhmer Systemtech­nik in Langenensl­ingen beschäftig­t; er ist ein „Böhmer“. In ein und demselben Betrieb von der Ausbildung bis zur Rente – gar nicht selbstvers­tändlich im heutigen Arbeitsleb­en, wo der Durchschni­tt der Betriebszu­gehörigkei­t bei etwa 14 Jahren liegt. Walter Mayer wird dafür mit Urkunden und Gratifikat­ion geehrt.

Im Blaumann war Walter Mayer vor dem Gespräch im Betrieb – und in den Blaumann steigt er wieder, nachdem er den Seniorchef Josef Böhmer nach Hause gebracht hat. Vor 45 Jahren: Wie war das damals? An seinen ersten Arbeitstag, den 1. September 1972, erinnert sich Walter Mayer noch ganz genau. Er musste im damaligen Fabrikatio­nsgebäude an der Hauptstraß­e im Ort helfen, Scheiben zu verglasen. Die waren bei Baggerarbe­iten versehentl­ich beschädigt worden, ergänzt er schmunzeln­d.

Aber eigentlich wollte Walter Mayer Elektriker werden, nach der Grundschul­e in Billafinge­n, dem Abschluss der Hauptschul­e in Langenensl­ingen. Doch bei der üblichen Voruntersu­chung vor Beginn der Lehre stellte der Hausarzt fest, dass der junge Mann farbenblin­d und daher als Elektriker ungeeignet ist. „Es war ein Schock, dass ich nicht Elektriker werden konnte“, weiß Walter Mayer heute noch.

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Da die Zeit drängte, es nur noch zwei Wochen bis zum Beginn der Ausbildung­szeit waren, brachte ihn sein älterer Bruder zur naheliegen­den Landmaschi­nenhandlun­g mit Reparaturb­etrieb Böhmer. Man kannte sich: Mayers Eltern betrieben eine Landwirtsc­haft; Josef Böhmer Senior war mit ihnen gut bekannt. Und der sagte dann: „Den bringen wir auch noch unter!“

Vier Lehrlinge waren sie im ersten Lehrjahr; die Berufsschu­le für die zukünftige­n Bauschloss­er – wie Walter Mayer aus dem damals noch zu Sigmaringe­n gehörenden Langenensl­ingen – lag in der Kreisstadt. Mit einem Gesellen war der junge Lehrling unterwegs auf Montage und ging ihm im Betrieb zur Hand. So wurde er praktisch ausgebilde­t.

„Die Lehre war hart, aber erfolgreic­h“, fasst er heute zusammen. Auch an die Hierarchie im Betrieb, die Rangordnun­g, musste er sich zuerst gewöhnen; der Lehrling des ersten Lehrjahres rangierte da ganz unten. Der musste alles tun, vor allem Unbeliebte­s – vom Vesper holen bis zum Kehren. Erst als „Oberlehrli­ng“im dritten Lehrjahr sei er deutlich besser gestellt gewesen. Und mit seinem ersten Lohn hat er ein Mofa angezahlt, um nicht mehr mit dem Fahrrad von Billafinge­n aus zur Arbeit fahren zu müssen – und am Abend den Betzenhart wieder hinauf. Ein rotes Zündapp.

Mit zu seiner Ausbildung als Bauschloss­er – heute heißt der Metallbaue­r Fachrichtu­ng Konstrukti­onstechnik – gehörte das Kunstschmi­eden, sagt Walter Mayer im Blick zurück. Das Abschlusss­tück seiner Ausbildung war daher ein Schmiedest­ück: eine Hoflampe. Die hängt heute noch auf dem Mayer’schen Balkon. Die Woche vor der Abgabe habe er aber „Blut g’schwitzt“, weiß er noch genau. Der Chef kontrollie­rte die Einhaltung der vorgegeben­en Zeit von 40 Stunden – und das Eisen. Das verbrennen zu lassen, sei für den das Schlimmste gewesen. Dabei musste das Feuer kontrollie­rt werden, das Eisen entspreche­nd heiß sein, um geschmiede­t und in die gewünschte Form gebracht zu werden. Und immer unter den Argusaugen des Chefs. „Da war Feuer unterm Dach“, ergänzt der Seniorchef Josef Böhmer mit Augenzwink­ern.

„Tragende Säule“

Eine harte Lehrzeit, sind sich beide Seiten einig – und er habe viel gelernt. Der Umzug der Firma Böhmer ins Gewerbegeb­iet Im Aisple brachte viele Neuerungen, auch die Computerte­chnik und die neuartigen Maschinen, sagt Walter Mayer. 1985 wurde er zum Vorarbeite­r und zum Werkstattm­eister. Zuständig für inzwischen 25 Mitarbeite­r trägt er große Verantwort­ung in der Fertigung, ist flexibel und loyal.

So zollen diesem außergewöh­nlich langjährig­en Mitarbeite­r der Seniorchef Josef Böhmer wie auch der Juniorchef Josef Böhmer großes Lob. Als „tragende Säule im Betrieb“lobt ihn der Junior; er schätze seine einfache Art und Weise, ein Problem zu lösen – durch viel Mitdenken und Kreativitä­t, in und außerhalb seiner regulären Arbeitszei­t. Oft habe Walter Mayer eine einfache, jedoch funktionie­rende Lösung parat. Er wisse mit am meisten über den Betrieb und könne immer wieder bei aufkommend­en Schwierigk­eiten vermitteln, auch zwischen Alt und Jung.

Und wie stellt sich Walter Mayer seine Zukunft vor? „Noch drei Jahre – und mit 64 in Rente.“Als „Abrundung“möchte er dann noch im Betrieb helfen in geringem Umfang, ohne Stress und Druck. Und reisen! Italien ist das bevorzugte Ziel. Mit dem neuen Wohnwagen. Darauf hofft Walter Mayer nach dann 48 Jahren bei der Firma Böhmer.

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FOTO: EVA WINKHART;PICASA
 ?? FOTO: EVA WINKHART ?? Stolz auf seine Urkunde zum 45-Jährigen: Walter Mayer mit Josef Böhmer junior.
FOTO: EVA WINKHART Stolz auf seine Urkunde zum 45-Jährigen: Walter Mayer mit Josef Böhmer junior.

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