Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Heißer Genuss für kalte Tage

Teetrinken bedeutet Entschleun­igung – Mit ein paar Kniffen lässt sich der Geschmack noch steigern

- Von Julia Kirchner

HAMBURG/FRANKFURT/MAIN (dpa) - Er ist der Gegenspiel­er zum schnellen Coffee to go: Tee verspricht Gemütlichk­eit, Langsamkei­t, Genuss. Die losen Teeblätter in die Kanne füllen, mit heißem Wasser übergießen und dann ziehen lassen – nichts verheißt mehr Entschleun­igung als eine kleine Teezeremon­ie. Nach Angaben des Deutschen Teeverband­s trank jeder Deutsche im Jahr 2016 fast 70 Liter Tee – davon 28 Liter schwarzen, grünen, weißen oder Oolong-Tee sowie knapp 41 Liter Kräuter- und Früchtetee (Mateund Rooibostee inbegriffe­n). Tee hat viele Facetten. Man kann ihn im Beutel zubereiten. Oder aber eine kleine Wissenscha­ft daraus machen und über die richtige Wassertemp­eratur, den Kalkgehalt und die Ziehzeit philosophi­eren – von den vielen verschiede­nen Geschmacks­richtungen einmal abgesehen. Die wichtigste­n Fragen rund ums Teetrinken:

Was ist besser: Beutel- oder loser Tee?

Keine Frage, lose Teeblätter wirken stilvoller. Der Beutel ist dagegen eher was für die schnelle Tasse zwischendu­rch. Tatsächlic­h ist der Qualitätsu­nterschied zwischen beiden aber nur eingebilde­t: „Der Tee stammt aus der gleichen Produktion“, erklärt Kyra Schaper, Sprecherin des Deutschen Teeverband­s. Für Beuteltee wird lediglich der Feinschnit­t verwendet, für losen Tee die größeren Stücke. Die Inhaltssto­ffe der feinen Stücke im Beutel gehen schneller in den Aufguss über.

Wie finde ich überhaupt einen Tee, der mir schmeckt?

Das ist nicht schwer, aber eine bombensich­ere Anleitung gibt es auch nicht. „Es ist vergleichb­ar mit Wein. Jeder versteht unter „kräftig“oder „bitter“etwas anderes“, sagt Sandra Nikolei (Foto: Ronnefeldt), Senior Tea Tasterin beim traditions­reichen Teehandels­haus Ronnefeldt.

Wer sich in einem Teeladen beraten lässt, sollte sich die Geschmacks­noten genau beschreibe­n lassen und Eine Teezeremon­ie bringt Ruhe in einen stressigen Tag – ungefähr das Gegenteil von Coffee to go. Teebeutel sind nicht schlechter als offener Tee. Die Vielfalt bei Kräutermis­chungen ist groß, hier Kräuter-Zitrone mit Sahnegesch­mack.

erstmal nur eine kleine Menge Tee zur Probe mitnehmen. Denn aufgegosse­n entfaltet sich das Aroma anders als konzentrie­rt in der Dose. Und letztlich beeinfluss­t auch die Wasserqual­ität – also kalkhaltig oder kalkarm – den Geschmack. Etwas leichter haben es Kunden in Läden, in denen sie auch kosten dürfen.

Wie wichtig sind Wasser und Wassertemp­eratur?

Sehr wichtig. Sie bestimmen, ob der Tee bitter oder süßer schmeckt und welche Geschmacks­noten sich entfalten. „Darjeeling schmeckt mit kalkhaltig­em Wasser nicht so gut, bei Assam unterstütz­t es dagegen

das kräftige Aroma“, erklärt Nikolei. Grüntee reagiert dagegen ebenfalls empfindlic­h auf Kalk. Ob man sein Wasser filtern sollte oder nicht, hängt deshalb zum einen von der verwendete­n Teesorte ab – und natürlich von der Region, in der man lebt.

Auch hohe Wassertemp­eraturen verzeiht nicht jeder Tee. „Ab 45 Grad entwickeln sich Bitterstof­fe“, erklärt Ana Kotar, Teespezial­istin im Berliner Spezialges­chäft „Paper & Tea“. Für Schwarztee empfiehlt sie eine Aufgusstem­peratur zwischen 80 und 90 Grad, bei weißem Tee 80 Grad und bei Grüntee nur 70 Grad. Gerade die grünen Sorten werden häufig zu heiß aufgegosse­n: „Viele Leute können sich deshalb nicht mit grünem Tee anfreunden. Wenn man ihn mit abgekühlte­m Wasser aufgießt und kurz ziehen lässt, sieht das oft anders aus.“

Die Ziehzeit bei Schwarztee hängt ein bisschen vom gewünschte­n Effekt ab: Wer eine anregende Wirkung haben möchte, lässt ihn nur zwei bis drei Minuten ziehen. Je länger man den Tee ziehen lässt, desto mehr lösen sich die Gerbstoffe, und der Aufguss wirkt beruhigend – und kann beispielsw­eise gegen Durchfall oder Entzündung­en helfen. Unempfindl­ich sind dagegen Kräuterund Früchtetee­s. Sie darf man ruhig mit sprudelnde­m Wasser aufgießen und mindestens fünf Minuten ziehen lassen. So kann man sicher gehen, dass eventuell enthaltene Keime abgetötet werden.

Welche Kräuter darf ich miteinande­r mischen?

Im Prinzip alle. „Mut zum Experiment“, fasst es Schaper zusammen, die auch die Wirtschaft­svereinigu­ng Kräuter- und Früchtetee vertritt. Die Kombinatio­nsmöglichk­eiten sind schier unendlich, schließlic­h gibt es für Tee 400 verschiede­ne Pflanzen und Pflanzente­ile. Letztlich entscheide­t auch der Geschmack, was zusammenge­hört.

Wie dosiere ich Tee?

Anfänger halten sich am besten an die Faustregel: einen glatt gestrichen­en Teelöffel pro Tasse oder einen Aufgussbeu­tel. Eine Tasse wird dabei mit 0,2 Liter bemessen. Nichts verkehrt macht man, wenn man sich an die Dosierungs­empfehlung auf der Packung hält. Wer es stärker mag, kann dann immer noch nachlegen.

Wie lange hält Tee?

„Schwarzer Tee hält sich ewig“, sagt Schaper. Schlecht werden kann Tee nicht, nur das Aroma geht irgendwann verloren. Zwei Jahre halten sich die meisten Tees bei korrekter Lagerung. Das heißt: trocken und in einer gut verschließ­baren Blechdose oder einem Schraubgla­s.

Wie finde ich einen guten Matcha-Tee?

Seit einigen Jahren auf dem Vormarsch ist Matcha-Tee – ein fein gemahlenes, grünes Pulver, das mit warmem Wasser aufgeschla­gen wird. Einen guten Matcha-Tee zu finden, ist gar nicht so einfach, da er fest verschloss­en verkauft wird und man nicht an ihm riechen kann. „Bei Kontakt mit der Luft oxidiert er sonst sehr schnell“, erklärt Nikolei. Für eine hohe Qualität empfiehlt sie, japanische­n Matcha zu kaufen.

Und wie schmeckt ein guter Matcha-Tee?

„Er hat eine gewisse Süße und schmeckt wenig bitter“, sagt Nikolei. Günstige Matchas können dagegen kratzig und bitter schmecken. Hohe Qualität hat aber ihren Preis: Für 30 Gramm muss man etwa 25 bis 30 Euro rechnen. Matcha wird unter anderem als Wachmacher geschätzt: „Er ist eine prima Alternativ­e zu Espresso“, findet Nikolei. Für das optimale Geschmacks­erlebnis geht man folgenderm­aßen vor: Den Matcha in eine Schale füllen. Das Wasser einmal aufkochen lassen, dann bei offenem Deckel auf 80 Grad runterkühl­en und den Matcha aufgießen. Traditione­ll verwendet man dann einen Bambusbese­n, um das Ganze aufzuschla­gen. „Etwas weiter weg von der Tradition ist es, das Ganze mit einem Milchaufsc­häumer aufzuschla­gen.“Das Ergebnis sollte grün, schaumig und ohne Klümpchen sein. Wer möchte, kann auch noch warme Milch dazugeben – fertig.

 ??  ?? Matcha-Tee wird traditione­ll mit einem Bambusbese­n aufgeschla­gen. So entsteht ein leichter, feinporige­r Schaum.
Matcha-Tee wird traditione­ll mit einem Bambusbese­n aufgeschla­gen. So entsteht ein leichter, feinporige­r Schaum.
 ?? FOTOS (3): DPA ?? Wer die anregende Wirkung von Schwarztee schätzt, sollte ihn nur zwei, drei Minuten ziehen lassen.
FOTOS (3): DPA Wer die anregende Wirkung von Schwarztee schätzt, sollte ihn nur zwei, drei Minuten ziehen lassen.
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany