Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Es müssten zwei Krimis pro Jahr sein“
Krimiautorin Silke Nowak über Selfpublishing und Veränderungen auf dem Buchmarkt
BAD SAULGAU (jek) - Als Silke Nowak sich 2013 dazu entschied, ihre Krimis nicht traditionell bei einem Verlag zu veröffentlichen, sondern dies als sogenannte Selfpublisherin bei Amazon zu tun, wurde sie von vielen belächelt. Heute, vier Jahre und insgesamt sieben Bücher später, weiß sie sich auf dem richtigen Weg. SZ-Redakteurin Jennifer Kuhlmann hat mit der Autorin aus Bad Saulgau über Veränderungen auf dem Buchmarkt und ihren neuen Krimi „Patient #211“gesprochen.
Fans der Krimiautorin Silke Nowak können sich darauf verlassen, dass es jedes Jahr ein neues Buch gibt. Setzt das nicht ziemlich unter Druck?
Das mag Außenstehenden jetzt viel vorkommen, weil sie das traditionelle Verlagswesen vor Augen haben. Unter den Bestsellerautoren im Selfpublishing ist die Schlagzahl aber deutlich höher. Da wäre es besser, wenn ich alle fünf oder sechs Monate etwas Neues veröffentlichen würde. Auf diese Weise ist man präsenter und bleibt den Lesern besser im Gedächtnis. Mit einem Buch pro Jahr bin ich da eher die Ausnahme.
Ihr aktueller Krimi „Patient #211“steht gerade auf Platz 9 der Krimiund-Thriller-Bestsellerliste bei Amazon und auf Platz 2 in der Kategorie Kriminalliteratur. Noch vor Sebastian Fitzek. Ist das kein Erfolg?
Doch, ich bin sehr zufrieden, wie der Verkauf angelaufen ist. Im Vergleich zu Fitzek kann ich meine E-Books deutlich günstiger anbieten, weil ich nicht einen ganzen Verlagsapparat mittrage. Ich muss sie aber auch günstiger anbieten, weil ich nicht annähernd so ein Werbebudget habe wie ein Fitzek oder Dan Brown. Den Preis für meine E-Books kann ich täglich ändern; der Einstiegspreis von 99 Cent hat sich allerdings bewährt, um in den Bestsellerlisten hochzusteigen. Das zieht dann auch die älteren Bücher wieder hoch. Um das Potenzial noch besser auszuschöpfen, wäre es gut, wenn ich zwei Krimis pro Jahr schaffen würde. Das habe ich mir für die Zukunft vorgenommen. Aber dafür, dass ich eigentlich nur halbtags schreibe, läuft es sehr gut.
Das heißt, Sie bereuen nicht, dass Sie Ihre Bücher immer noch selbst herausbringen?
Ich kann natürlich nicht sagen, wie es mit einem Verlag gelaufen wäre, der Werbung und Lesungen für einen organisiert. Aber ich schätze die Freiheiten als Selfpublisherin. Bei mir funktioniert ja auch alles, wie in einem kleinen Verlag. Ich habe einen Lektor, Grafiker und viele Probeleser. Ich verkaufe monatlich so viele Bücher, dass ich ein festes Einkommen habe, mit dem ich Miete und Krankenkasse zahlen kann. Das schaffen die wenigsten Autoren, egal ob im Verlag oder Selfpublishing. Außerdem bemerkt man schon, dass sich der Markt und die Nachfrage verändern. Die erfolgreichen Selfpublisher werden immer professioneller. Die Lücke zu den Verlagsautoren schließt sich immer mehr. Die meisten Leser bemerken den Unterschied gar nicht. Je professioneller die unabhängigen Autoren arbeiten, desto mehr erfährt das Selfpublishing einen Imagewandel.
Wie macht sich das bemerkbar?
Immer mehr Leute haben gute Bücher gelesen, die von Selfpublishern stammen. Die Leser fragen sich dann langfristig natürlich schon, warum soll ich den drei- bis zehnfachen Preis für ein Verlags-E-Book bezahlen, wenn das E-Book von einem Selfpublisher genauso gut ist. Auch auf den Buchmessen in Frankfurt und Leipzig sind Selfpublisher mittlerweile präsent, ebenfalls in immer mehr Buchhandlungen. Es spricht sich langsam herum, dass das nicht alles Autoren sind, die keinen Verlag gefunden haben, sondern auch viele, die sich bewusst für einen anderen Weg entscheiden. Man kann also längst nicht mehr von „den” Selfpublishern reden, hier gibt es Profis ebenso wie Hobbyschreiber.
Gibt es überhaupt Menschen, die Ihre Bücher noch als richtiges Taschenbuch kaufen?
Das macht etwa fünf Prozent aus, wenn überhaupt. Ich lasse eine kleine Auflage selbst drucken, viele Druckereien bieten das mittlerweile schnell und unproblematisch an. Das sind dann die Exemplare, die ich selbst in Buchhandlungen bringe oder die bei Lesungen verkauft werden. Da möchten doch viele noch ein richtiges Buch mit Widmung in Händen halten – ich übrigens auch.
Wie wird sich der Markt weiterentwickeln?
Ich denke, das Selfpublishing und das E-Book haben ihren Zenit noch nicht erreicht. Es gibt da immer noch viel Bewegung, auch wie sich alles organisiert. So setzt sich mein Einkommen zum Beispiel nicht allein über den Verkauf zusammen. Bei Amazon etwa gibt es auch eine Leihbibliothek für E-Books oder Flatrates für Nutzer, die sich dafür Medien herunterladen können. Es wird über die Reader registriert, wie viele Seiten von meinen Büchern dann tatsächlich gelesen werden und danach werde ich bezahlt.
Alle sechs Monate ein Buch verfassen zu sollen, gehen da einem nicht die Ideen aus?
Darum mache ich mir die wenigsten Sorgen. Mir fällt genug ein. Für meinen aktuellen Krimi konnte ich davon zehren, dass ich letzten Winter an einem Sachbuch zum Thema Psychologie und Psychoanalyse als Ghostwriterin gearbeitet habe. Der Therapiebereich ist ein spannendes Feld für jeden Krimischriftsteller, da die Fassade der heilen Welt einbrechen muss, damit etwas in Gang kommt. Krisen, in die Menschen geraten können, sind der Motor für jede Geschichte. Da dann noch Dramatik und Spannung reinzubringen, ist die Herausforderung.
Was aber ja auch diesmal wieder gelungen ist.
Aus den Reaktionen meiner Probeleser habe ich gelernt, wie unterschiedlich meine Krimis bei Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen ankommen und wie die Figuren aus dem Buch auf sie wirken. Ich hoffe aber, dass der Spannungsbogen die meisten packt.