Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Viren als Freund und Feind
Kinder-Uni am Federsee: In der Krebstherapie können Viren sogar helfen
BAD BUCHAU (sz) - „Warum gibt es nicht nur böse, sondern auch gute Viren?“So lautete der Titel der Kinderuni-Vorlesung, zu der Schulleiterin Elisabeth Sontheimer-Leonhardt Professor Dr. Ulrich Lauer vom Universitätsklinikum Tübingen sehr herzlich im Foyer der Federseeschule begrüßt hat. Bereits zuvor hatte Dr. Lauer dort gute und schlechte Viren verteilt: rosarote und grüne Zettel nämlich, für jedes Kind zwei. Auf die Fragen Professor Lauers hielten die jungen Studenten auch bald ihre Zettel begeistert in die Höhe.
„Wer hatte Husten und Schnupfen im letzten Winter? Bitte aufstehen!“Nahezu alle Kinder sprangen in die Höhe. Lauer erwies sich während der folgenden Stunde als Meister der kindgemäßen, interaktiven Vorlesung und erzählte den rund 100 anwesenden Kindern und Lehrern zunächst von der bösen Seite der Viren, dann von der guten.
Doch wie kommen Viren in den Körper? Als Antwort auf diese Frage demonstrierten die Kinder selbst mit der „Virenspritze“und einem Regenschirm die Tröpfcheninfektion und wie man sich davor schützen kann. Julian und Eric zeigten, wie Viren von Hand zu Hand weitergegeben werden und welche Tricks es gibt, dies zu vermeiden. Das besondere Wort hier heiße „Hygiene“; sie müsse auf auf vielen Wegen umgesetzt werden, erläutert Professor Lauer.
Auf seiner Präsentation zeigte er dann mit Legos den Aufbau des Körpers aus Zellen, die kaputtgehen, wenn die Viren eindringen und somit dem Körper erheblich schaden können. Aber man könne auch vorbeugen, durch Impfen nämlich, wie Lara wusste: „Impfung gegen Zecken, Masern oder Tetanus.“
Im Mittelalter, erzählte Lauer, hätten die Menschen Pocken bekommen und seien oft daran gestorben. Diese schlimme Krankheit hätte man nur durch Impfungen ausrotten können, schilderte er am Beispiel des ersten Impfpatienten James. „Vor 20 Jahren noch hat man alle gegen Pocken geimpft“, sagte Lauer, was man an der Impfnarbe am Arm sehen könne. Man habe dazu die sogenannten guten Viren genutzt, die nur „ein bisschen schaden“, aber dadurch das Immunsystem stärken, sodass man nicht schwer erkrankt.
Eigentlich sind Viren unsere Feinde, doch manchmal sind sie auch sehr wichtige Helfer; heute würden sie sogar in der Krebstherapie eingesetzt, so Lauer. Durch Zufall sei entdeckt worden, dass Masernviren Tumore bekämpfen können. Daher würden Viren heute gezielt genutzt, um Krebszellen zu infizieren und zu zerstören. Der Trick: Die Viren werden so verändert, dass sie gezielt Krebszellen befallen. In den Krebszellen angekommen, vermehren sie sich nahezu ungebremst. Am Ende platzen die befallenen Tumorzellen und setzen massenhaft neu gebildete Viren im Tumor frei, die dann auf andere, bis dahin noch nicht infizierte Tumorzellen überspringen. Das Besondere: „Das funktioniert auch dann, wenn die Krebszellen auf keine der herkömmlichen Behandlungsmöglichkeiten mehr ansprechen“, erläutert Lauer.
Aus den rosaroten und grünen „Viren-Zetteln“malten und bastelten die Studenten zum Ende der Vorlesung viele kreative gute und schlechte Viren und stellten sie aus. Hier und bei der abschließenden Fragerunden nutzten die überaus motivierten Kinder, um durch ihre ideenreichen Beiträge und Fragen mit Lauer ins Gespräch zu kommen.