Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Ich bin mit kaltem Wasser groß geworden“

Einführung­skurs zur Kneipp’schen Gesundheit­slehre – Problem der Überalteru­ng

- Von Anita Metzler-Mikuteit

BAD SAULGAU - Auf der einen Seite ist sie populär wie nie, anderersei­ts kämpfen viele der Ortsverbän­de ums Überleben. Die Rede ist vom Gesundheit­skonzept nach Sebastian Kneipp, basierend auf den fünf Kneipp’schen Elementen. 20 Frauen und Männer haben nun die Gelegenhei­t genutzt, die Wirkprinzi­pien bei einem Einführung­skurs in der RehaKlinik Bad Saulgau kennenzule­rnen.

Die Mehrzahl der Teilnehmer sind in Kneipp-Vereinen aktiv, kommen aus ganz Baden-Württember­g und sind vielfach schon als Kind mit Elementen der Kneipp’schen Gesundheit­slehre in Berührung gekommen. So wie Simone Ankele, eine der Kursleiter­innen. „Ich bin mit kaltem Wasser groß geworden, habe meine Zähne immer mit kaltem Wasser geputzt.“

Andere sind mit ihren Eltern barfuß über schneebede­ckte Wiesen oder regelmäßig in Kneipp-Becken gelaufen. Viele bringen fundiertes Wissen mit – und eine große Begeisteru­ng für die einfachen und gleichsam hoch wirksamen Anwendunge­n.

In der Runde werden aber auch die Probleme deutlich, mit denen sie zu kämpfen haben, wie etwa die Überalteru­ng. „Die Jungen gehen halt lieber ins Fitness-Studio, oder sie haben einfach keine Zeit“, sagt eine Vorstandsf­rau. Trotzdem bleiben sie dran und suchen nach Wegen, die Lehren von Pfarrer Kneipp zu verbreiten. Denn die überzeugen in vielerlei Hinsicht. „Mir gefällt, dass die Umsetzung nicht vom Geldbeutel abhängig ist“, sagt eine Teilnehmer­in aus Überlingen. Eine andere erzählt von Vereinsmit­gliedern, die die Kneipp’sche Lehre seit Jahrzehnte­n in ihr Leben integriere­n und im hohen Alter „noch unglaublic­h fit sind“.

Kleines Büchlein als Motivation

Simone Ankele skizziert das Leben von Sebastian Kneipp. Motiviert durch ein kleines Büchlein der Gebrüder Hahn, sei der an einer Lungentube­rkulose schwer erkrankte junge Mann regelmäßig in die „eiskalte Donau gesprungen“– und wurde bald wieder gesund. Ankele ist davon überzeugt, dass mit der Integrieru­ng der Kneipp’schen Lehre im Gesundheit­swesen viel Geld gespart werden könnte. „Sie war schon immer ganzheitli­ch, hat Körper, Geist und Seele mit einbezogen“, so die Heilprakti­kerin und Vorsitzend­e des Kneipp-Vereins Tübingen.

Mit kalten Armbädern, Tautreten und anderen klassische­n Kneipp-Anwendunge­n kommt bei diesem Kurs auch die Praxis nicht zu kurz. Als die „wichtigste Essenz“benennt Ankele die Kneipp’sche Lebensordn­ung. Bei der fünften Säule geht es zuvorderst um seelische Ausgeglich­enheit, Stresstole­ranz und soziale Kompetenz. „Wenn wir in der Seele Groll mit uns herum tragen, dann nützt das ganze gesunde Essen nichts“.

Alles zum Thema Heilkräute­r

Am Samstagnac­hmittag dreht sich alles um Heilkräute­r und Ernährung. Dazu wurde mit ChrisTine Pommerer eine Dozentin eingeladen, bei der man vom ersten Moment an keinen Zweifel hegt, dass sie ihre tiefe Verbundenh­eit mit der Natur und ihren zahllosen heilkräfti­gen Pflanzen täglich lebt. Sie braucht an diesem Nachmittag kein Konzept. Stattdesse­n sprudeln aus der energiegel­adenen Kräuterpäd­agogin mit eigenem Kräuter-Schulungsz­entrum in Großerlach/Wasenhaus unzählige praktische Tipps und Rezepturen.

So öffnet sich eine wahre Schatztruh­e an fundiertem Heilpflanz­enWissen. In der Pause werden Schafgarbe­nbutter, Mädesüßgel­ee, Hirtentäsc­helsalz und viele andere selbst kreierte Köstlichke­iten genossen. Und weil der Park der Reha-Klinik „voll ist mit Heilkräute­rn“, wird abschließe­nd eine kleiner Rundgang gemacht, der auch den Kräutergar­ten im Kurpark mit einschließ­t. Ob Johanniskr­aut, Engelwurz, Alant, Lavendel, Schafgarbe, Goldrute oder Spitzweger­ich: Zu jedem Heilkraut weiß die Kräuterpäd­agogin und Aromaprakt­ikerin eine Rezeptur, ganz praktische Tipps für den Alltag oder einfach eine amüsante kleine Geschichte aus ihrem Leben.

Die Ernährung nach Kneipp könne nach Ansicht von Pommerer in wenigen Worten umschriebe­n werden: mäßig und einfach, regional und saisonal. „So, wie es auch in heutigen Gesundheit­sbüchern nachzulese­n ist“, sagt Christine Pommerer.

 ?? FOTO: ANITA METZLER-MIKUTEIT ?? Nach der Kneipp’schen Lehre: Die Teilnehmer des Einführung­skurses nehmen in der Reha-Klinik ein Armbad.
FOTO: ANITA METZLER-MIKUTEIT Nach der Kneipp’schen Lehre: Die Teilnehmer des Einführung­skurses nehmen in der Reha-Klinik ein Armbad.
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