Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
22-Jähriger bekommt 27 Monate Haft
Juwelierraub in Ravensburg: Litauer wegen Beihilfe zu schwerem Raub verurteilt
RAVENSBURG - Das Landgericht Ravensburg hat den 22-jährigen Angeklagten für schuldig befunden, an dem Blitzraub im April 2015 auf ein Juweliergeschäft in der Ravensburger Bachstraße beteiligt gewesen zu sein (die SZ berichtete). Die erbeuteten Uhren hatten einen Verkaufswert von 116 000 Euro. Es entstand ein Sachschaden von über 20 000 Euro. Bei der Bemessung der Strafe, zwei Jahre und drei Monate Haft, kam das Jugendstrafrecht zur Anwendung. Zur Tatzeit war der Mann 20 Jahre alt.
In seiner Urteilsbegründung sprach der Vorsitzende Richter Veiko Böhm von einer massiven und schweren Straftat im Bereich der Schwerkriminalität. Das Verbrechen habe „erhebliches Aufsehen und Verunsicherung ausgelöst“und sei „von großer Bedeutung für die Region“. Das Gericht ging davon aus, dass der Beschuldigte gewusst habe, dass er mit seinem Ausspähen die Grundlage für den Raub am nächsten Tag gelegt habe. So sei er zweimal zielstrebig in den Juwelierladen gegangen und habe die beiden Uhrenvitrinen inspiziert, die dann aufgebrochen wurden. Das schloss das Gericht aus der Auswertung der sechs Überwachungskameras im Laden. Auf den Videos war der Angeklagte klar zu erkennen.
„Das war der Schlüssel zur Tat“, sagte Böhm. Erst dadurch sei es den vier Tätern am nächsten Tag möglich gewesen, den Raub in 50 Sekunden durchzuführen. Als erhebliche Milderung wertete das Gericht die Mithilfe des Angeklagten bei der Aufklärung. Das habe erheblich zur Prozessverkürzung beigetragen. Dass er von dem Pfefferspray und dessen wahrscheinlichem Einsatz gewusst habe, dazu konnte das Gericht keine Beweislage erkennen. Die Täter hatten nach dem Raub den beiden Angestellten Pfefferspray in die Augen gesprüht.
Erziehungsbedarf maßgebend
Zur Anwendung des Jugendstrafrechts sagte Böhm: „Der Beschuldigte macht heute noch das Bild eines hoch unreifen Menschen.“Es liege eine Reifeverzögerung vor. Das beweise unter anderem seine Aussage, dass er gegenüber seinen Kumpanen nicht als Feigling dastehen wollte und deshalb bei der Vorbereitung der Tat mitgemacht habe. Maßgebend bei der Strafzumessung im Jugendstrafrecht ist der Erziehungsbedarf. „Wenn wir ihm eine Bewährungsstrafe gegeben hätten, wer würde dann mit ihm erzieherisch arbeiten?“, stellte Böhm in den Raum. In Litauen sei keine Einflussnahme mehr möglich. Mit dieser Strafe bliebe dem Angeklagten aber noch eine Perspektive. „Machen Sie das Beste daraus“, sagte Böhm. Die Kammer hoffe, dass die deutsche Strafjustiz nichts mehr mit ihm zu tun haben werde.
Zuvor hatte Svenja Weber als Vertreterin der Jugendgerichtshilfe die Anwendung des Jugendstrafrechts empfohlen. Staatsanwalt Peter Wizemann sah dies nicht so und forderte drei Jahre und drei Monate Gefängnis. Der Verteidiger Thomas Pusch konnte nur Spekulationen und Vermutungen aufseiten der Staatsanwaltschaft erkennen und plädierte auf eine Strafe von unter zwei Jahren auf Bewährung. Der Beschuldigte hatte in seinem Schlusswort die Hoffnung ausgedrückt, die Vorweihnachtszeit und Weihnachten zu Hause im Kreise seiner Familie verbringen zu können. Das Urteil nahm er regungslos zur Kenntnis.
Da der Mann schon seit über einem halben Jahr in Untersuchungshaft sitzt, ergibt sich im Mai nächsten Jahres der sogenannte Halbstrafenzeitpunkt. Ab dann ist eine Aussetzung der Strafe auf Bewährung möglich oder in seinem Fall eine Abschiebung. Gegen das Urteil kann innerhalb einer Woche Revision eingelegt werden.