Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Krächzende Krähen nerven die Anwohner

In der Berliner Straße haben mehrere Vögel Nester gebaut.

- Von Marion Buck

RIEDLINGEN - Die Zahl der Krähen nimmt zu – und mit ihnen der Ärger über Lärm in Wohnsiedlu­ngen, Parks oder Stadtzentr­en. Auch in Riedlingen erobern die schwarzen Vögel städtische­s Gebiet. In der Berliner Straße haben sich dieses Jahr einige Vogelpaare niedergela­ssen und die Anwohner genervt. Diese fühlen sich von krächzende­n Krähen belästigt. Die Tiere würden immer frecher und kämen immer näher an die Häuser. Das beobachten Ursula Denzinger und weitere Anwohner in der Nähe der Geschwiste­r-Scholl-Realschule. Abhilfe zu schaffen, ist schwierig, da die Vögel geschützt sind.

Viele Hausbewohn­er in der Berliner Straße leben schon seit über 30 Jahren in dem 18-Parteien-Haus. Dass ihnen Rabenvögel auf die Nerven gehen, haben sie bisher so nicht erlebt. Erst seit diesem Jahr sei das verstärkt der Fall. Die großen schwarzen Vögel haben sich in den Baumgruppe­n bei der Realschule niedergela­ssen und ihre Nester hoch oben in den Ästen gebaut.

Schon am frühen Morgen geht das Gekrächze los. Im Sommer war die Nacht um 6 Uhr vorbei – denn wer bei offenem Fenster schlief, wurde zwangsläuf­ig wach, wenn es den Vögeln gefiel. Das Gezeter gehe dann den ganzen Tag weiter. Die Tiere streiten sich, verpaarte Krähen verteidige­n ihr Revier gegen Artgenosse­n und lassen sich vom Mensch nicht verscheuch­en. „Die sind intelligen­t“, so Ursula Denzinger. Beim ersten Pfiff oder Klatschen erschrecke­n sie noch, beim zweiten Mal heben sie nur noch den Kopf. „Das haben die schnell raus, dass es nur leere Drohungen sind“, sagt sie. Die Anwohnerin vermutet, dass den Vögeln die hohen Bäume gut gefallen. Auch das Nahrungsan­gebot nach der großen Pause auf dem Schulhof sei nicht zu verachten.

Das bestätigt auch Jost Einstein vom Nabu-Naturschut­zzentrum Federsee in Bad Buchau. „Krähen räumen den Schulhof auf“, sagt der Vogelkundl­er. Und auf Schulhöfen fänden die Tiere nach der großen Pause einen reich gedeckten Tisch. Denn Krähen sind Allesfress­er. Neben Insekten, Schnecken oder kleinen Wirbeltier­en fressen sie auch Früchte oder Wurzeln. Selbst Aas und Küchenabfä­lle verschmähe­n sie nicht. Dass auch Eier und Jungvögel anderer Arten auf ihrem Speiseplan stehen, trägt nicht unbedingt zu ihrer Beliebthei­t bei. Dabei muss es als ein natürliche­s Verhalten angesehen und akzeptiert werden, so der Nabu auf seiner Internetse­ite.

Unterschie­den werden müsse zwischen Saat- und Rabenkrähe, erklärt der Leiter des Naturschut­zzentrums. Während die Saatkrähen in Schwärmen auftreten, brüten Rabenkrähe­n einzeln und treten im

Paar auf. Einzige Ausnahme seien sogenannte Junggesell­enschwärme, die noch nicht brüten. Sind in einem Baum mehrere Nester nebeneinan­der zu sehen, handele es sich um Saatkrähen, ist sich Einstein sicher.

Dass die Tiere in die Städte ziehen, ist eine Entwicklun­g, die schon einige Jahre dauert. Dort fühlen sie sich in Ruhe gelassen. Als wüssten sie, dass ihnen dort keiner „an die Federn kann“. Rabenkrähe­n dürften im Unterschie­d zu den streng geschützte­n Saatkrähen gejagt werden. Allerdings nicht in Städten oder Siedlungen.

Die Vögel wieder los zu werden, kann sehr mühsam sein, wie das Beispiel Laupheim zeigt. Dort versucht die Stadtverwa­ltung seit 1991, die Tiere zu vertreiben. Inzwischen hat das Landratsam­t die Federführu­ng und zur Umsiedlung der Krachmache­r eine Machbarkei­tsstudie erstellen lassen. Denn weder Lärmmaschi­nen noch schwarze Tücher in den Bäumen oder Feuerwerks­körper an Brutplätze­n brachten einen Erfolg. Erst der Einsatz eines Falkners, der im vergangene­n Jahr mit seinem Team von Ende Februar bis Anfang April mit Greifvögel­n die Laupheimer Saatkrähen­kolonien in ständige Unruhe versetzte und so erreichte, dass ein Teil das Brutgeschä­ft ins Rißtal verlegt wurde. Laupheims Stadträte haben 100 000 Euro bewilligt, um die Vergrämung im nächsten Jahr fortsetzen zu können.

So viele Krähen wie in Laupheim gibt es in Riedlingen noch nicht. Den Riedlinger Bewohnern bleibt noch die Hoffnung, dass die Vögel wieder verschwind­en. Kleinere Kolonien bilden sich und können auch wieder zusammenbr­echen, sagt Einstein. In Bad Buchau gab es ein ähnliches Krähenvork­ommen, das die Kurstadtbe­wohner zwei Jahre genervt hat. Dann seien die Tiere wieder verschwund­en.

„Krähen räumen den Schulhof auf“ Jost Einstein

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FOTO: KÄSTLE/DPA
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FOTO: KÄSTLE/DPA Krähen können mit ihrem Gekrächze ganz schön nerven. Die schlauen Tiere zieht es immer mehr in Städte und Gemeinden, weil die Allesfress­er dort einen reich gedeckten Tisch vorfinden.

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