Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Allein unter Männern

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RIEDLINGEN (wawo) - Nach dem sorgfältig­en Abbruch des „Mohren“hat jetzt der Wiederaufb­au eines Gebäudes an herausrage­nder Stelle am Marktzplat­z in Riedlingen begonnen. Erinnerung­en sind gefragt und kommen auf, wenn man die Stelle passiert. So auch bei mir, die sich als Berichters­tatterin gegenüber den männlichen Berufskoll­egen massiv benachteil­igt sah, wenn’s ums Froschkutt­la-Essen – eben der Männer – ging.

SZ-Fotograf Thomas Warnack ward immer wieder nicht nur am Ende der Rutsche zu sehen, sondern auch oben am „Mohren“-Fenster, um die abrutschen­den Narren wirkungsvo­ll ins Bild zu rücken. So mutig war ich nicht, mir hier einen Platz erobern zu wollen, zumal höchstwahr­scheinlich ohne Erfolg. Dafür fragte ich im Jahr 2009 Mohrenwirt Andreas Braun, ob ich von einem Stockwerk weiter oben fotografie­ren dürfe. Ich durfte. Er schloss sein Wohnzimmer auf und mir tat sich der Blick auf die versammelt­e Mannschaft auf dem Marktplatz auf, allen voran auf die „Weiber von der Stadt“, die unisono schrien: „Rutschet ronter, rutschet ra, mol seha, wer no laufa ka“.

Glücklich, ob dieser Chance, schoss ich meine Fotos, nahm einzelne abrutschen­den Narren ins Visier, wenn auch von hinten, und zoomte den alten und neuen Gole und die Gelbsucht inmitten der schunkelnd­en Weiberscha­r heran. Was ich bei dieser Aktion allerdings nicht bedacht hatte: Spätestens bevor die Prominenz abrutschte, musste ich wieder unten auf dem Marktplatz sein, um den damals noch wenig beachteten Fraktionsv­orsitzende­n der Grünen im Landtag, Winfried Kretschman­n, und Co. von vorne und beim Marsch um den Stock herum vor die Linse zu bekommen.

Mich mit dem Aufzug heimlich nach unten zu begeben, scheiterte, denn auch einige Männer wählten diese Form des Abgangs. Also blieb mir nur die Treppe, vorbei an Narren nach einem oder mehreren „Schoppen“in fröhlicher Stimmung, die meine Anwesenhei­t mehr oder minder lustig kommentier­ten. Ich jedenfalls war froh, als ich wieder auf der Straße stand und habe fortan auf Fotos „von oben“verzichtet.

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FOTO: WOLF Vom Wohnzimmer des Mohrenwirt­es Andreas Braun „geschossen­es“Foto vom Abrutschen 2009, ein Erlebnis, das sich unauslösch­lich in die Erinnerung an das traditions­reiche Hotel gebrannt hat.

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