Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Altes Geschirr kommt zu neuen Ehren
Blechgeschirr aus dem Krieg ist eine liebe Erinnerung an den Vater
BAD SAULGAU - „Besitzerstolz“heißt eine Sonderausstellung im Stadtmuseum in Bad Saulgau. Bad Saulgauer haben für diese Ausstellung Gegenstände gestiftet, zu denen sie ein ganz besonderes Verhältnis haben. Ihre Besitzer können Geschichten über die Gegenstände erzählen. Für Schwester Irmengardis Gebhart (80) ist ein metallenes Essgeschirr aus dem Krieg ganz eng mit der Erinnerung an ihren Vater Franz Gebhart verbunden.
Das Besondere an diesem Blechgeschirr ist, dass der Vater von Schwester Irmengardis im Krieg die St. Johanneskirche Bad Saulgau auf seinen Deckel eingeritzt hat. Ob er dies aus dem Gedächtnis tat oder ob er eine Postkarte bei sich hatte, kann sie nicht mit Sicherheit sagen. Jedenfalls ist die Gravur eindrucksvoll. Die Saulgauer Kirche ist sehr detailgetreu dargestellt, das sehr enge Verhältnis des Vaters zur Heimat ist deutlich zu spüren.
Franz Gebhart hat die gravierte Blechdose über all die Jahre des Krieges und der russischen Kriegsgefangenschaft gerettet. Der damals 48jährige marschierte 1945 zu Fuß von Polen heim nach Saulgau. Schwester Irmengardis war damals gerade acht Jahre alt. Der Vater kam in Uniform, was zur damaligen Zeit nicht ungefährlich war. Bei der Familie waren französische Soldaten einquartiert. Glücklicherweise habe die Tante französisch gesprochen. Die Franzosen seien sehr nett gewesen, erinnert sich die Schwester, besonders zu den vier Kindern.
Das alte Blechgeschirr ist Schwester Irmingardis als Andenken an ihren Vater geblieben. Sie hat aber noch weitere Erinnerungen an ihn. „Der Mond ist aufgegangen“sei das Lieblingslied des Vaters gewesen. Auch dieses Lied brachte er aus dem Krieg mit. Der evangelische Pfarrer hatte es mit den Soldaten jeden Abend beim Nachtgebet gesungen. Auch in der Familie wurde diese Tradition von nun an gepflegt.
Staatsarchiv hat Interesse
Familie Gebhart hat viele Dinge aus der alten Zeit aufbewahrt. „Ich mag das alte Zeug nicht wegwerfen“, sagt Schwester Irmengardis. Da gab es Zeitungen und einen Wahlaufruf von 1890, alte Fachzeitschriften, Tassen aus der Hitlerzeit und vieles mehr. Das Staatsarchiv Stuttgart, die Deutsche Nationalbibliothek in Frankfurt, das Haus der Geschichte BadenWürttemberg in Stuttgart und andere Museen hätten großes Interesse bekundet und die Spenden „mit Handkuss“genommen, erzählt sie.
Das Soldatengeschirr, das noch bis zum 28. Januar im Stadtmuseum zu bewundern sein wird, ist übrigens noch einmal zu würdigem Einsatz gekommen. Als Schwester Irmengardis anlässlich ihres 80. Geburtstages und des 75. ihrer Schwester zur Feier ins Kloster lud, diente das Geschirr als Sammelbüchse für Spenden für Kinder in der Dritten Welt.