Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Beim Thema Blitzer scheiden sich die Geister
Gutes Bundestagswahlergebnis führt den Grünen-Kreisverband nach Moosburg
MOOSBURG - Die Grünen im Landkreis Biberach haben ihre Mitgliederversammlung an dem Ort abgehalten, in dem sie das beste Ergebnis für die Bundestagswahl eingeholt haben: in der Federseegemeinde Moosburg. Immerhin 22,8 Prozent der Erstwähler stimmten hier für Bundestagskandidatin Anja Reinalter. Mit der Jugendarbeit und dem Einsatz von Blitzern standen bei der Versammlung kontroverse Kreistagsthemen an.
Mit gerade einmal 212 Einwohnern ist Moosburg die kleinste selbstständige Gemeinde im Kreis Biberach, stellte Bürgermeister Dietmar Rehm seine Gemeinde vor. Welches Gewicht in einer kleinen Gemeinde der Einzelne hat, sei daran zu erkennen, dass die anwesenden 16 Besucher rund zehn Prozent der Wähler ausmachten, so Rehm weiter.
Die Kreissprecherin der Grünen, Cornelia Furtwängler ging flugs zum Eingemachten, nämlich dem Abstimmungsverhalten der Kreisräte zu Themen wie Jugendarbeit und Aufstellen von Geschwindigkeitsmessgeräten. Eugen Schlachter und Elmar Braun nahmen zu diesen Themen jeweils Stellung, da sie in der Kreistagssitzung gegen die Vorlagen gestimmt hatten. Der Kreisjugendring versteht sich als Vertretung der Jugendlichen im Kreis Biberach und kooperiert hierzu mit dem Kreisjugendreferat. Der Landkreis unterstützt den Kreisjugendring bisher mit 70 000 Euro sowie rund 9000 Euro Verwaltungskostenbeitrag pro Jahr. Der Antrag sah die Einrichtung von zweieinhalb hauptamtlichen Stellen für die Verbesserung der Arbeit vor. Dieser Antrag wurde von den Kreisräten der Grünen abgelehnt.
Eugen Schlachter rechtfertigte seine Entscheidung damit, dass nach seinen Recherchen kaum jemand den Kreisjugendring und seine Arbeit kenne und er daher dessen Existenzrecht in Frage stelle und die Schaffung einer Geschäftsstelle ablehnt. Elmar Braun, Bürgermeister in Maselheim, wollte den „ausufernden Stellenzuwachs“im Landkreis nicht mittragen. Als Beispiel nannte er das Landwirtschaftsamt, bei dem trotz sinkender Zahlen von Vollerwerbslandwirten ständig neue Stellen geschaffen werden. Er kritisierte die wachsende Bürokratie und warnte, dass eine einmal geschaffene Stelle nicht gestrichen werden könne. Auf Nachfrage zu den Kosten für die gewünschten Stellen nannten Braun und Schlachter einen Betrag von 200 000 Euro pro Jahr.
Jugendarbeit ja, Bürokratie nein
Anja Reinalter bezeichnete die Jugendarbeit ein originär grünes Thema und wäre für die neuen Stellen beim Kreisjugendring gewesen. Sie wandte sich direkt an die anwesenden Jugendlichen der Moosburger Feuerwehr mit der Frage, ob sie den Kreisjugendring kennen, was auch bejaht wurde. Kreistagsmitglied Frieder Mauch verwies auf eine Studie, wonach künftig weniger Ehrenamtliche zur Verfügung stehen. Er wolle das Ehrenamt stärken und schützen, auch und gerade Jugendliche, aber keine Bürokratie. Braun und Schlachter erklärten ihre Entscheidungen durchaus überdenken zu wollen. Sie begrüßen ausdrücklich die Unterstützung der Jugendarbeit, aber eben nicht mehr Bürokratie. Ein Haltung, die trotz kontroverser Diskussion von der Versammlung geteilt wurde.
Beim Thema Blitzer prallten die gegensätzlichen Meinungen ebenso aufeinander. Auf der einen Seite stehen die zu erwartenden Einnahmen aus Tempoverstößen in der Größenordnung von 3,5 bis 4 Millionen Euro, die durch die zusätzliche Installation von 16 bis 18 Geräten zu erwarten seien, wie Eugen Schlachter sagte. Auf der anderen Seite erfordere die Bearbeitung der Fälle ebenfalls neue Stellen. Elmar Braun war gegen die Aufstellung neuer Blitzer, da nach seinen Recherchen nur 10 Prozent von 27 000 innerörtlichen Unfällen auf zu hohe Geschwindigkeit zurückzuführen seien, 20 Prozent dagegen auf Vorfahrtsverletzungen. Auch hier mahnte er an, dass die Bürger mehr und mehr gegängelt werden, er sich aber freie, vernünftige und eigenverantwortliche Bürger wünsche. Michael Schick war für die Aufstellung weiterer Messgeräte, da er einen Erziehungseffekt sieht.
Was die Aussichten auf eine Jamaika-Koalition betrifft, zeigten sich die grünen Mandatsträger zuversichtlich, auch mangels Alternativen. Urgrüne Themen wie die Abschaltung von Kohlekraftwerken und eine CO2Steuer sollten aber nicht unter den Tisch gekehrt werden. Zum politischen Aschermittwoch 2018 in Biberach wolle man neben Winfried Kretschmann Claudia Roth einladen.