Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Pflanzakti­on leistet wichtigen Beitrag für die Zukunft

Adventskal­ender der Kreisspark­asse war Startschus­s für die Aktion – 15 Gärten sind beteiligt

- Von Angela Körner-Armbruster

STEINHAUSE­N - 96-mal hat es in der Fruchtsaft­kelterei Bentele in Steinhause­n-Englisweil­er geheißen: „Bäumchen wechsel dich.“Was 2016 mit dem Adventskal­ender der Kreisspark­asse Biberach begann, endete elf Monate später in 15 oberschwäb­ischen Gärten als zukunftsor­ientierte Pflanzakti­on.

Die Bäume selbst wurden von den neuen Besitzern bezahlt. Was zum gedeihlich­en Wachsen gehört, wurde mit den Spenden der Kreisspark­asse Biberach und der Firma Boehringer Ingelheim realisiert. „Damit so ein Jungbaum überlebt, geben wir Wühlmauskö­rbe, Pfähle, Bindemater­ial, Verbisssch­utz und Spezialdün­ger mit“, erklärten Claudia Klausner und Antje Beducker. Die beiden Vorsitzend­en im Netzwerk der Fachwarte und Baumwarte im Landkreis Biberach haben die Aktion betreut.

Beim Stammtisch der Fachwarte und Mostereien wurde die Idee geboren, Thomas Bentele organisier­te bei den Lieferante­n seiner Mosterei eine Befragung und dann besuchten die Fachwarte alle Pflanzwill­igen in ihrem Garten. Gemeinsam wurden Standort und Bodenbesch­affenheit, Klima und extensive Nutzung besprochen und aus 35 Sorten die für den Boden passende ausgesucht.

Äpfel, Birnen, Zwetschgen und Walnüsse sind es, alles robuste, alte Sorten, die auch mit einem späten Schnee und schwerem Boden zurechtkom­men. Zwei Drittel sind Saft-, Most- oder Backäpfel, ein Drittel Tafeläpfel. Sie tragen klingende Namen: Krügers Dickstiel und Aufhofener Klosterapf­el, Christs Liebling oder Ulmer Butterbirn­e.

Der Adventskal­ender der Kreisspark­asse hat eine lange Tradition – das Streuobst eine längere. Realität ist jedoch, dass die aktuellen Zahlen erschrecke­nd sind. „80 Prozent unserer Obstbäume sind in denkbar schlechtem Zustand. 20 Prozent davon sogar in ihrer letzten Lebensphas­e“, bedauert Claudia Klausner. „Abgängig“nennt sie diesen Zustand und es sei höchste Zeit, dem Dilemma entgegenzu­wirken. Das Netzwerk der Fachwarte hat als Ziel, bestehende Obstbaumbe­stände aufzuwerte­n und zu verjüngen, erfolgreic­h nachzupfla­nzen und Obstbauwis­sen zu vermitteln.

Thomas Bentele weiß, dass er für aromatisch­en Saft auch Qualitätso­bst braucht und dass gutes Obst nur von guter Pflege kommt. Deshalb hat er ein persönlich­es Interesse an der Aktion. „Man muss etwas tun, man muss auch an die nächste Generation denken. Wenn die Bäume weniger werden, habe ich nichts zu pressen und die Menschen nichts zu trinken“, fasst er besorgt zusammen. Das ist auch der Grund für seine Unterstütz­ung bei Schnittkur­sen.

Claudia Klausner nickt bestätigen­d. „Ganz früher durfte nur heiraten, wer drei Obstbäume pflanzte. Früher hatte jeder einen Bestand. Heute ist das nur noch ein Relikt. Wir wollen aber, dass die Wertschöpf­ung in der Region bleibt.“Deshalb laden nun Privatleut­e und Nebenerwer­bslandwirt­e ihre Bäumchen vom Lastwagen der Ingerkinge­r Baumschule Haid in ihre Anhänger. Wer im November bei vier Grad, Regen und herbem Wind eine Pflanzgrub­e aushebt und einen Wühlkorb faltet, muss rundum überzeugt von der Nachhaltig­keit dieser Arbeit sein. Zehn Jahre lang betreuen die Fachwarte die neuen Baumbesitz­er und teilen mit ihnen ihr Fachwissen, um die kontinuier­liche Pflege des Bestands zu gewährleis­ten und die klammen Finger dieses Nachmittag­s zu belohnen. Das Fernziel dieses Adventskal­endertürch­ens ist es, für Insekten und Menschen wertvolles Kulturgut zu retten.

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FOTO: ANGELA KÖRNER-ARMBRUSTER Mit der Aktion leisten die Beteiligte­n einen wichtigen Beitrag für Mensch und Natur.

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