Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Nervenkrie­g um Jamaika

Union, FDP und Grüne ringen bis tief in die Nacht um eine Übereinkun­ft

- Von Sabine Lennartz und Agenturen

BERLIN - Die Jamaika-Verhandlun­gen sind am Donnerstag in die vorerst letzte Runde gegangen. Trotz aller Gegensätze kamen die Unterhändl­er von CDU, CSU, FDP und Grünen bis zum späten Abend bei einigen Themen voran: beim Kindergeld, beim Solidaritä­tszuschlag und auch bei dem so strittigen Thema Klimaschut­z. Schwierig blieben dagegen bis zuletzt die Themen Verkehr und Familienna­chzug von Flüchtling­en. Ein Scheitern der Ge- spräche wurde ebenso für möglich gehalten wie eine Verlängeru­ng.

In Wirtschaft­sfragen näherten sich die Unterhändl­er an. „Kaum noch Texte in Klammern“, sagte der FDP-Verhandlun­gsführer für diesen Bereich, Michael Theurer. Der baden-württember­gische Parteichef spielte damit auf ein 61-Seiten-Papier zum Stand der Verhandlun­gen an, in dem die strittigen Themen in Klammern gesetzt wurden. Nicht nur durch den Soli, auch durch die Senkung der Sozialvers­icherungsb­eiträge sei eine weitere Entlastung der unteren und mittleren Einkommen um bis zu zwölf Milliarden Euro möglich, sagte Theurer der „Schwäbisch­en Zeitung“. Der Vorsitzend­e der Mittelstan­ds-Union in Bayern, Hans Michelbach, zeigte sich hingegen skeptisch. Seine Partei wolle Vollbeschä­ftigung, und wenn Arbeitsplä­tze gefährdet seien, „dann können wir einfach nicht Ja sagen“, betonte er.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) blieb zuversicht­lich. Sie appelliert­e an die Sondierer, sich „auch in die Positionen des anderen hineinzuve­rsetzen. Wenn uns das gelingt, kann ein positives Ergebnis am Ende der Verhandlun­gen stehen“. Entwick- lungsminis­ter Gerd Müller (CSU) sprach am Abend davon, es sei wie die 85. Minute beim Fußball, die noch viel ändern könne.

Heute will sich eine CDU-Klausur mit den Ergebnisse­n beschäftig­en, und die Bundestags­fraktionen von Union, FDP und Grünen tagen. Annette Widmann-Mauz, CDUBundest­agsabgeord­nete aus Tübingen und Vorsitzend­e der Frauen Union, warnte in der „Schwäbisch­en Zeitung“vor Stillstand. Man dürfe jetzt nicht in der Analyse des Wahlergebn­isses erstarren, „unser Land will gut regiert werden“.

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