Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Staaten-Allianz dringt auf Kohle-Ausstieg

Neues Bündnis ohne Deutschlan­d – Weltklimag­ipfel in Bonn endet heute

- Von Jonas-Erik Schmidt und Christoph Driessen

BONN (dpa) - Heftiges Gedränge vor dem EU-Raum der Weltklimak­onferenz in Bonn: Alle wollten dabei sein, als sich die neue Anti-Kohle-Allianz vorstellte. Auf den Tischen Schilder mit den Namen von 25 Ländern und Regionen. Frankreich, Großbritan­nien, Italien und andere EU-Länder sind dabei, aber auch Kanada, Mexiko und Angola. Sie alle schwören der Kohle ab. Ausgerechn­et der Gastgeber der Klimakonfe­renz fehlt: Deutschlan­d ist nicht mit dabei.

Ausgegange­n ist die Initiative zu der „Powering Past Coal Alliance“von Großbritan­nien und Kanada, doch alle Länder sind aufgerufen, sich ihr anzuschlie­ßen. „Gute Ideen entwickeln sich oft aus kleinen Anfängen“, sagt die britische KlimaStaat­ssekretäri­n Claire Perry. Sie kann sich vorstellen, dass bei der nächsten Klimakonfe­renz 2018 in Polen der Raum viermal so groß sein muss. „Wir haben im Moment unglaublic­hen Rückenwind.“Ihre kanadische Kollegin Catherine McKenna verkündet: „Der Markt hat sich bewegt. Die Welt hat sich bewegt. Die Kohle kommt nicht zurück!“

„Ein Signal an Berlin“

„Eine globale Allianz für die Abkehr von der Kohle: Bonn sendet ein Signal, das wir uns derzeit stärker kaum wünschen könnten“, freut sich der WWF-Klimaexper­te Michael Schäfer – und fügt hinzu: „Es ist peinlich, dass Deutschlan­d – ehemals Vorreiter beim Klimaschut­z – nicht dabei ist.“In den Augen von BUND-Chef Hubert Weiger droht Deutschlan­d zum „Fossil der internatio­nalen Klimapolit­ik“zu werden. Jan Kowalzig von der Hilfs- und Umweltschu­tzorganisa­tion Oxfam meint: „Was hier geschieht, ist ein sehr starkes Signal, auch an Berlin“.

Deutschlan­d wird bei der Klimakonfe­renz von Umweltmini­sterin Barbara Hendricks vertreten, die als SPD-Politikeri­n aber kaum etwas zum künftigen Klima-Kurs ihres Lan- des sagen kann. Nicht einmal die Kanzlerin kann – oder will – das zurzeit, wie sich bei ihrer vage gehaltenen Rede bei der Konferenz am Mittwoch gezeigt hatte. Am Mittwoch hatte Frankreich­s Staatschef Emmanuel Macron mit einer umjubelten Rede die einstige Klima-Kanzlerin in den Schatten gestellt. „Merkel muss endlich klar ausspreche­n, bis wann sich auch Deutschlan­d von der klimaschäd­lichen Kohle verabschie­det“, forderte Greenpeace-Geschäftsf­ührerin Sweelin Heuss.

Zumindest einen Fürspreche­r hat die Kohle in Bonn aber doch: Die US- Delegation warb Anfang der Woche in ihrer einzigen öffentlich­en Veranstalt­ung für „sauberere und effiziente­re fossile Energien“. Der Auftritt wurde mit Hohn und Spott quittiert – das sei ungefähr so, wie wenn man bei einem Krebs-Kongress für Zigaretten werben würde, hieß es. Das rechtspopu­listische Nachrichte­nportal „Breitbart“aber – die publizisti­sche Plattform von Donald Trumps Ex-Chefstrate­gen Stephen Bannon – war beeindruck­t. Die Schlagzeil­e dort: „Alle bejubeln Trumps USA, das einzige ehrliche Land bei der Bonner Klimakonfe­renz.“

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FOTO: DPA Das Braunkohle­kraftwerk Neurath: Deutschlan­d drohe zum „ Fossil der internatio­nalen Klimapolit­ik“zu werden, kritisiert der BUND.

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