Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Die Brücke zwischen Überfluss und Not
Der Tafelladen in Riedlingen feiert sein Zehnjähriges.
RIEDLINGEN - Der Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes Biberach (DRK) mit seinem Ortsverband Riedlingen hat als Träger der Einrichtung zum Geburtstagsfest geladen: zehn Jahre Tafelladen Riedlingen. Zahlreiche Mitarbeiter, aktive und ehemalige, und geladene Gäste kamen in den Tagungsraum des DRK-Zentrums in Riedlingen. Vier junge Cellisten der Conrad-GrafMusikschule – Carolin Krauß, Hannah Lange, Sarah Schwendinger und Tim Seifried – um ihren Lehrer Mikhail Antipov gestalteten den festlichen Rahmen.
Der Sprecher des Leitungsteams des Tafelladens in Riedlingen, Hans Petermann, beginnt die Runde der Festredner mit einem Rückblick. 2007 gründeten die damalige evangelische Pfarrerin in Riedlingen Helga Steible-Elsässer mit Stadträtin Helga Pernice und mehreren Mitstreitern den Tafelladen in Riedlingen. Als „Keimzelle“des jungen Vereins und „treusorgende Mutter“fungierte und fungiert die evangelische Kirchengemeinde. Die „Vaterschaft“übernahm der Kreisverband des DRK mit seinem Vorsitzenden Peter Schneider; im Ortsverband Riedlingen war und ist Dr. Christa Enderle Ansprechpartnerin. Die katholische und die neuapostolische Kirchengemeinde unterstützen nach Kräften.
6000 Stunden Ehrenamt pro Jahr
Petermann führt weiter aus, dass bei 18 Lebensmittelbetrieben in und um Riedlingen von den Mitarbeitern zwei Mal pro Woche Waren eingesammelt werden. 38 Mitarbeiter sind im Laden in der Ziegelhüttenstraße tätig – vor, während und nach den Öffnungszeiten mittwochs um 11.30 Uhr und samstags um 11 Uhr. Etwa 6000 Arbeitsstunden würden so im Jahr kostenlos und ehrenamtlich erbracht. Verwaltungen von Stadt und Gemeinden, der Landkreis und der Landesverband der Tafeln, das DRK unterstützen.
„Zehn Jahre Tafelladen ist ein Fest und ein denkwürdiger Moment“, freut sich Pfarrerin Helga Steible-Elsässer, zu Besuch aus ihrer neuen Pfarrei Geislingen, und erinnert an all die Kleinigkeiten, die vielen helfenden Hände von damals. Sie ergänzt: „Und wir waren stolz, der Wegwerfmentalität hier einen kleinen Einhalt zu bieten.“Es habe sich erwiesen, so Steible-Elsässer, dass als Nebenprodukt des Tafelladens ein sozialer Lernort entstanden sei, ein Ort der ausgleichenden Gerechtigkeit. Mit Schmunzeln spricht sie die Fortbildungen, Ersthelferkurse und Untersuchungen an, die absolviert werden mussten. Und sie erinnert an ihre Worte von vor zehn Jahren, bedeutsam heute wie damals: „Behutsam im Miteinander und kräftig im Füreinander.“
Peter Schneider, hier als Vorsitzender des DRK-Kreisverbandes Biberach, lobt den Tafelladen als festen Bestandteil der Hilfsangebote des DRK – „2017 so notwendig wie zu Beginn“. Die Mitarbeiter hätten zusammen mit zahlreichen verlässlichen Mitstreitern im vergangenen Jahrzehnt praktikable Lösungen gefunden. Und die Sozialdezernentin des Landkreises Biberach, Petra Alger, in Vertretung des Landrats nennt den Tafelladen eine Erfolgsgeschichte, ein notwendiges Angebot selbst im wohlhabenden Landkreis Biberach. Als Brücke zwischen Überfluss und Not sei er auch Zuflucht für Menschen mit wenig sozialen Kontakten. „Die Gesellschaft driftet auseinander – auch vor unserer Haustür“, mahnt sie.
Mit Zahlen beginnt Rolf Göttner vom Landesverband der Tafeln in Baden-Württemberg seinen Gruß: Riedlingen hat die 103. Tafel in BadenWürttemberg damals eröffnet, 143 davon gibt es inzwischen im Land, 946 in der Bundesrepublik. Allerdings, sagt er: „Die Ware ist endlich geworden.“Das bedeutet, es gebe keinen Discounter oder Lebensmittelgroßhändler, der nicht bereits in der Spenderliste ist. Und Tafeln, wie in BadenWürttemberg, bei denen die Ware aus dem bestehenden Angebot ausgesucht und gekauft werden kann – und nicht zugeteilt wird – seien besonders; auch in der Bedürftigkeit müsse der Mensch eine Möglichkeit der Entscheidung haben. Für die helfenden Mitarbeiter fand er dankende Worte; unterschiedliche Menschen geben hier etwas für andere: Zeit, Geld, Engagement. Möge das so bleiben, schloss Göttner.
Auf Petermanns Wunsch spielten die vier Cellisten zum Ende des offiziellen Teils des Festakts gemeinsam die Europahymne „Freude schöner Götterfunken“. Die darin enthaltenen Worte „Alle Menschen werden Brüder“legte er den Zuhörern besonders ans Herz, auch in der Sorge um ein geeintes Europa.
Spenden für den Tafelladen in Riedlingen unter dem Verwendungszweck „Lebensmittel für Bedürftige“an die evangelische Kirchenpflege Riedlingen, IBAN: DE14 6545 0070 0000 4072 63, BIC: SBCRDE66 bei der Kreissparkasse Biberach