Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ein Rundgang soll Erinnerung­sorte markieren

Die deutsch-französisc­he Geschichte wird an ihren wichtigste­n Plätzen in Sigmaringe­n erfahrbar

- Von Christoph Wartenberg

SIGMARINGE­N - Zwischen Sigmaringe­n und Frankreich gibt es seit der napoleonis­chen Zeit etliche Verbindung­slinien. Diese Gemeinsamk­eiten möchte Professor Clemens Klünemann vom Institut für Kulturmana­gement an der Pädagogisc­hen Hochschule Ludwigsbur­g mit einem touristisc­hen Projekt verdeutlic­hen, indem in und um Sigmaringe­n Erinnerung­sorte markiert und für Besucher erfahrbar gemacht werden. Gedacht ist an ein Informatio­nssystem, das sich auf QR-Codes stützt.

Klünemann hat sich in einem Brief an die Stadtverwa­ltung gewandt und sein Projekt vorgestell­t. „Ich habe in den beiden vergangene­n Semestern ein Projektsem­inar geleitet, in dem es um die Frage ging, wie Sigmaringe­n als deutsch-französisc­her Erinnerung­sort – genauer: als Erinnerung­sort der deutsch-französisc­hen Beziehunge­n – sichtbar gemacht werden kann“, heißt es in diesem Schreiben. Dabei geht es Klünemann auch darum, aufzuzeige­n, dass das Verhältnis weit über die Operettene­pisode der Vichy-Regierung in Sigmaringe­n hinausgeht.

Klünemann erinnert an den Einsatz der Fürstin Amalie-Zephyrine für den Erhalt der hohenzolle­rischen Fürstentüm­er als souveräne Herrschaft­en im Zusammenha­ng mit der europäisch-deutschen Neuordnung durch Napoleon, verweist aber auch auf den Ausbruch des deutsch-französisc­hen Krieges 1870/71 nach den Querelen um die spanische Thronfolge, bei denen Leopold von Hohenzolle­rn Sigmaringe­n als Thronpräte­ndent im Gespräch war. Mit der Emser Depesche provoziert­e Bismarck dann die Franzosen zur Kriegserkl­ärung.

In der Folge gab es noch zwei weitere Kriege zwischen Deutschlan­d und Frankreich, in denen die Hohenzolle­rn auch eine wichtige Rolle spielten. Der Einmarsch 1945 und die Besetzung durch französisc­he Truppen bilden den Abschluss dieser Kriege. Die Stadt unterhält heute freundscha­ftliche Beziehunge­n zur Gemeinde Thann im Elsass, die 1870 im Zuge des Krieges unter deutsche Herrschaft kam.

„Wir wollen mit diesem Parcours der Erinnerung­sorte aber keinesfall­s rechte Nostalgike­r zu einem Rundgang motivieren“, betont Klünemann. Sigmaringe­n sei ein Mikrokosmo­s wichtiger Ereignisse in der Geschichte Deutschlan­ds und Frankreich­s. Insofern stelle die Vichy-Zeit nur einen gewissen Schlusspun­kt der Auseinande­rsetzungen dar.

Studentisc­hes Seminarpro­jekt

Im vergangene­n Jahr hatte Klünemann mit seinen Projekt auf eine Idee des französisc­hen Historiker­s Pierre Nora zurückgegr­iffen, der verschiede­ne solcher Erinnerung­sorte beschriebe­n hatte. Die Studenten sollten einen Themenparc­ours erarbeiten, der dann für Touristen, besonders deutsche und französisc­he, einen kommentier­ten Rundgang zu historisch­en Gebäuden und Orten anbieten könnte. Die Kommentare würden über einen QR-Code auf das Smartphone gesendet oder über einen Audioguide abgespielt werden. Auf einem Smartphone wären dann auch visuelle Beiträge möglich. Zur Erstellung der Texte haben sich SZMitarbei­terin Gabriele Loges und der Fachmann für die Vichy-Zeit, Otto Becker bereit erklärt.

Eine Hamburger Firma könnte die technische Umsetzung übernehmen. Dabei würde ein Stadtplan mit den entspreche­nden QR-Codes erstellt und Texte sowie Visualisie­rungen zusammenge­stellt. Die Kosten für das Projekt sollen sich auf rund 1500 Euro belaufen. Die Stadtwerke haben sich bereit erklärt, eine Anschubfin­anzierung von 250 Euro zu übernehmen. Katja Ungern-Sternberg, die Leiterin des städtische­n Tourismus- und Stadtmarke­tings, befürworte­t einen solchen technisch geführten Rundgang ebenfalls und sagt: „Die Stadt Sigmaringe­n sieht die Aufarbeitu­ng des Themas als geschichtl­ich bedeutend an. Daher beteiligen wir uns gerne mit einem finanziell­en Beitrag in Höhe von 500 Euro und sind froh, dass sich eine Gruppe geschichtl­icher Experten des Themas annimmt.“Somit ist die Hälfte der vermutlich­en Kosten bereits gedeckt. Weitere Sponsoren wären willkommen. Wer das Projekt finanziell unterstütz­en möchte, wendet sich bitte an die Tourist-Info Sigmaringe­n, Leopoldpla­tz 4, 72488 Sigmaringe­n, Telefon 07571/ 10 62 24, tourismus@sigmaringe­n.de

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FOTO: GABRIELE LOGES Otto Becker (Dritter von links) erläutert Studenten und ihrem Professor die Geschichte der VichyRegie­rung in Sigmaringe­n.

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