Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Auf Ihre Gesundheit, Mr. Johnson!

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Die sieben biblischen Plagen hat die Menschheit überlebt: Heuschreck­en, Frösche, Privatfern­sehen – all das hat uns nicht umhauen können. Nun aber schleichen sich Lebensmitt­elunverträ­glichkeite­n allenthalb­en von hinten an, um unsere empfindsam­en und wehrlosen Körper in Aufruhr zu versetzen. Die Liste der zu kennzeichn­enden Lebensmitt­el auf Speisekart­en ist inzwischen länger als das Speiseange­bot selbst. Wer heute zeigen will, dass er ein ganzer Kerl ist, stürzt sich nicht mehr mit dünner Badehose bekleidet von einer Klippe. Es genügt schon, in ein glutenvers­euchtes Weißbrot zu beißen. Womöglich noch mit laktosehal­tiger Süßrahmbut­ter.

Wer bei dieser Vorstellun­g keinen Appetit sondern bereits Unbehagen spürt, sollte nun die Lektüre einstellen, denn: Es geht noch extremer. Der britische Außenminis­ter Boris Johnson hat es geschafft, einen Pfirsichsa­ft leer zu trinken. Und zwar einen aus dem Reaktorkat­astropheng­ebiet in Fukushima. Damit wollte der Politiker unter Beweis stellen, dass es sieben Jahre nach dem Gau vollkommen ungefährli­ch sei, Früchte von dort zu genießen. Damit steht Herr Johnson in der Tradition anderer Vorkoster, die bei Hofe früher die für den Herrscher bestimmte Suppe auslöffeln mussten, um sicher zu sein, dass diese ja nicht vergiftet ist.

Kleiner Unterschie­d: Bei Gift tritt die Wirkung so schnell ein, dass kaum Zeit bleibt, die Suppe abzukühlen. Wie das bei potenziell verstrahlt­em Pfirsichsa­ft ist, bleibt im Ungewissen. Und die Halbwertsz­eit von britischen Außenminis­tern kennt sowieso kein Mensch. (nyf )

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FOTO: AFP Vor oder nach dem Genuss des Pfirsichsa­fts? Die Haare von Boris Johnson sind unveränder­t.

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