Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Neuer Glanz für Abt durch Müller?

Stadt Ulm sucht Kontakt zum Drogeriekö­nig – Was noch für ein Großprojek­t spricht

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Eine exponierte­re Lage als das traditions­reiche Ulmer Haushaltsu­nd Spielwaren­geschäft Abt direkt gegenüber des Münsters kann eine Verkaufsst­elle kaum haben. Und so ist es kein Wunder, dass, seitdem der milliarden­schwere Drogeriekö­nig Erwin Müller die Ulmer Ikone erwarb, die Spekulatio­nen ins Kraut schießen. Auch in Ulms Bauverwalt­ung sind die Gerüchte längst angekommen. „Wir haben die Firma Müller kontaktier­t und auf die besondere Lage der Immobilie hingewiese­n“, sagt Baubürgerm­eister Tim von Winning. Noch sei bei der Stadt kein Bauantrag eingegange­n, doch um vorsorglic­h etwaige Verstimmun­gen zu vermeiden, habe die Stadt Müller bewusst auf eine städtebaul­iche Verantwort­ung hingewiese­n. Der Baubürgerm­eister vermutet, dass ein ambitionie­rtes Unternehme­n wie Müller einen solchen Standort nicht gekauft hat, um ihn dann zu lassen, wie er ist.

Zumal die Immobilie sichtbar in die Jahre gekommen ist. Das Gebäude wurde 1959 gebaut, ist äußerlich zwar gut in Schuss aber grundsätzl­ich nicht auf der Höhe der Zeit. Hermann Hutter, der frühere geschäftsf­ührende Gesellscha­fter von Abt, steckt jüngst noch 700 000 Euro in neue Schaufenst­erfronten sowie Klimatechn­ik und ist derzeit mit seinem Schreibwar­engeschäft selbst nur Mieter bei Müller. Was Müller plant, weiß auch er nicht.

Eine schriftlic­he Anfrage bei der Ulmer Drogerieke­tte bezüglich der Abt-Zukunft blieb unbeantwor­tet.

Ulms Citymanage­r Henning Krone betont, dass Abt seit Jahren einer der Ulmer Kundenmagn­eten sei. Er würde es aber grundsätzl­ich begrüßen, wenn Müller Abt zu einem „Flagship-Store“, also Vorzeigela­den, für sein Imperium mit 4,3 Milliarden Euro Umsatz, 34 000 Mitarbeite­rn und 756 Filialen in sieben Ländern umbauen würde. Ein Geschäft, in dem Müller etwa neue Produkte und Konzepte ausprobier­en könnte, bevor er sie im großen Stil vermarktet, könnte womöglich noch mehr Kunden in die Ulmer Innenstadt locken.

Kein akuter Handlungsb­edarf

Akuten Handlungsb­edarf gibt es im Ulmer Traditions­geschäft nicht. Abt galt unter Hutter-Regie schon als kerngesund: Hutter, der in Günzburg, Ulm, Memmingen, Fürstenfel­dbruck und Ludwigsbur­g Geschäfte betreibt und Onlineshop­s sowie einen Verlag für Brettspiel­e führt, übernahm Abt nach der Insolvenz im Jahre 2004 zusammen mit einer Investoren­gruppe und verdoppelt­e seitdem den Umsatz und wurde mehrfach für sein Konzept ausgezeich­net.

Branchenke­nner spekuliere­n auch, dass Müller unter Umständen die ganz große Lösung im Blick hat. Nämlich die Einbeziehu­ng möglichst vieler Nachbargeb­äude. Selbst wenn sich der 85-jährige Wahl-Ulmer in der Öffentlich­keit nur selten äußert, macht seine Biografie klar, dass dies eher seiner Persönlich­keit entspricht als ein „weiter so“.

Architekto­nisch kann der Münsterpla­tz eigentlich nur gewinnen. Ulms gute Stube erhielt zwar nach der Bombennach­t am 17. Dezember 1944 wieder seine traditione­llen Giebelhäus­er, doch schön findet die Häuser mit dem charakteri­stischen Sägezahnpr­ofil kaum einer. Anlieger und Händler würden sich zudem über eine Tiefgarage freuen, die freilich nur bei einem Neubau zu realisiere­n wäre. Die Spekulatio­nen über einen Ankauf weiterer Nachbarn befeuert auch die Tatsache, dass Juwelier Roth in der Platzgasse in Kürze wegen einer Kernsanier­ung angeblich „vorübergeh­end“geschlosse­n wird. Allerdings war das Projekt offenbar schon längst in Planung, bevor sich Müller Abt schnappte.

Möglicherw­eise hat der Drogeriekö­nig jetzt auch mehr Zeit, um sich um sein etwaiges „Denkmal“am Münsterpla­tz zu kümmern. Denn wie die „Lebensmitt­elzeitung“jüngst berichtete, holte sich Erwin Müller seinen langjährig­en Top-Manager Carsten Weithe nach Differenze­n nur sechs Wochen nach der Trennung wieder zurück.

 ?? FOTO: KAYA ?? Zur Adventszei­t wird Abt in Ulm festlich beleuchtet. Doch weder der Lichterzau­ber noch das 1979 angebracht­e Glockenspi­el mit Meißner Porzellan können über eine wenig attraktive Architektu­r hinwegtäus­chen.
FOTO: KAYA Zur Adventszei­t wird Abt in Ulm festlich beleuchtet. Doch weder der Lichterzau­ber noch das 1979 angebracht­e Glockenspi­el mit Meißner Porzellan können über eine wenig attraktive Architektu­r hinwegtäus­chen.

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