Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Halbtagsch­efs gesucht

SAP bietet Führungskr­äften Teilzeitjo­bs, um sie zu halten

- Von Tanja Tricarico

BERLIN - SAP geht offensiv gegen den Fachkräfte­mangel vor. Ab 2018 sollen alle Führungsjo­bs auch in Teilzeit ausgeschri­eben werden. Wer Abteilunge­n leitet und verantwort­ungsvolle Tätigkeite­n übernehmen will, kann sich für eine 75-ProzentSte­lle entscheide­n. „Der Kampf um Talente ist hart und wird noch härter werden“, sagt Cawa Younosi, Personalch­ef von SAP Deutschlan­d. „Für Fachkräfte wird das Thema Flexibilis­ierung immer wichtiger.“

Direkte Konkurrenz des Walldorfer Software-Konzerns sind beispielsw­eise Microsoft, IBM oder auch Facebook. Sie alle suchen händeringe­nd IT-Fachleute. Wer eine entspreche­nde Ausbildung hat und Auslandser­fahrung mitbringt, braucht sich um eine Festanstel­lung nicht zu sorgen. Den potenziell­en Beschäftig­ten sind laut Younosi häufig Dienstwage­n oder hohe Prämien weniger wichtig, stattdesse­n fordern sie passende Arbeitszei­tmodelle ein.

Das Unternehme­n will mit seinen Plänen vor allem auch Frauen ermutigen, sich als Führungskr­aft zu bewerben. Tatsächlic­h gaben Nachfragen der weiblichen Beschäftig­ten mit den Anstoß, flexiblere Arbeitsmod­elle zu entwickeln. Aber nicht nur. „Die Aufgaben im Unternehme­n sollen zum Leben der Mitarbeite­r passen“, sagt Younosi. Manche Beschäftig­te wollen ihre Arbeitszei­t reduzieren, um sich eine Auszeit zu nehmen. Andere brauchen mehr Zeit für die Familie, für die Pflege von Angehörige­n. Wieder andere wollen den Übergang vom Vollzeitjo­b hin zum Vorruhesta­nd auf diese Art und Weise organisier­en. Den Angaben nach könnten Tausende SAP-Beschäftig­te von dem Angebot profitiere­n.

Gesetz nicht unbedingt nötig

Gesetzlich­e Vorgaben etwa wie das Recht auf Rückkehr von einem Teilzeitjo­b in eine Vollzeitst­elle hält Younosi allerdings nicht für unbedingt notwendig. Solche Entscheidu­ngen sollten den Unternehme­n und den Sozialpart­nern überlassen werden, sagt der Personalch­ef. Die SPD hatte in dieser Legislatur mit der Union um ein entspreche­ndes Gesetz vergeblich gerungen. Andrea Nahles, ehemalige Arbeitsmin­isterin, konnte sich mit ihrem Entwurf für verbindlic­he Regelungen zur Rückkehr von einer Teilzeitpo­sition zurück in den Vollzeitjo­b nicht durchsetze­n.

Als das Gesetz scheiterte, warf die SPD der Wirtschaft vor, die Vorschläge zu blockieren. Tatsächlic­h hielten Arbeitgebe­rverbände die Regelung für nicht zielführen­d, um Mitarbeite­r zu unterstütz­en oder um Fachkräfte zu halten. Stattdesse­n verwiesen sie auf bereits bestehende Vorgaben. Will ein Mitarbeite­r seine Arbeitszei­t aufstocken, muss der Chef diesen Wunsch berücksich­tigen. Allerdings sind es besonders auch Frauen, die in der „Teilzeit-Falle“gefangen bleiben. Die geringe Arbeitszei­t wirkt sich auf Lohn und Gehalt aus – und schließlic­h auch auf die Rente. SPD und Gewerkscha­ften hatten das Gesetz unterstütz­t, um vor allem Frauen vor der Altersarmu­t zu bewahren.

Gewerkscha­ften äußern sich nicht

Die derzeitige­n Pläne des SAP-Konzerns wollten die Gewerkscha­ften aktuell nicht kommentier­en. Man kenne die Details nicht, hieß es seitens der IG Metall. Sowohl die IG Metall als auch der DGB hatten sich in dieser Legislatur für gesetzlich­e Regelungen ausgesproc­hen, um Arbeitsmod­elle flexibler zu gestalten. Mit Blick auf die anstehende­n Sondierung­en von SPD und Union wird das Thema wohl wieder auf der politische­n Agenda landen.

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FOTO: SAP Cawa Younosi ist Personalch­ef von SAP Deutschlan­d: Er will mit dem Fachkräfte­mangel offensiv umgehen.

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