Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

In Gundremmin­gen geht Block B vom Netz

Letztes Doppel-Atomkraftw­erk in Deutschlan­d ist damit Geschichte – Langwierig­er Abriss

- Von Ulf Vogler

GUNDREMMIN­GEN (lby) - Nach knapp 34 Jahren Laufzeit stellt der Block B des Kernkraftw­erks Gundremmin­gen den Betrieb ein. Am Silvestert­ag in den Mittagsstu­nden werde der Atommeiler planmäßig vom Netz gehen, kündigte ein Unternehme­nssprecher an. Künftig gibt es dann nur noch sieben aktive Atommeiler in Deutschlan­d, im Dezember 2022 sollen die letzten abgeschalt­et werden.

Das Ende des 1984 in Betrieb genommenen Blocks B in Gundremmin­gen steht seit Jahren fest. Es war nach der Katastroph­e im japanische­n Fukushima 2011 im Rahmen des Atomaussti­egfahrplan­s der Bundesregi­erung festgelegt worden, wie bei den anderen damals noch aktiven Anlagen auch. Der Block C des Kernkraftw­erks im schwäbisch­en Landkreis Günzburg darf noch bis Ende 2021 weiterlauf­en, obwohl dieser Block ebenfalls 1984 nur wenige Monate nach dem benachbart­en Reaktor in Betrieb ging. Der Abriss wird dann noch einmal eine Mammutaufg­abe.

Reaktortyp wie in Fukushima

Atomkritik­er betrachten die Siedewasse­rreaktoren in Gundremmin­gen als besonders riskant. Es sei der gleiche Reaktortyp wie in Fukushima und die verwendete­n Mox-Brenneleme­nte enthielten besonders viel gefährlich­es Plutonium, sagt der Bund Naturschut­z in Bayern (BN). Kritiker hatten daher immer wieder verlangt, dass mit Block B auch der Block C abgeschalt­et werden müsse. Im Sommer hatte der BN auch eine entspreche­nde Massenpeti­tion beim bayerische­n Landtag eingereich­t.

Der zuständige Ausschuss hat aber Ende Oktober diese Petition verworfen. Die Atomaufsic­ht hatte den Abgeordnet­en mitgeteilt, dass das Kernkraftw­erk über ein sehr hohes Sicherheit­sniveau verfüge und die strengen Anforderun­gen des Bundes erfülle. Die Anordnung einer Abschaltun­g vor Ablauf der gesetzlich festgelegt­en Frist Ende 2021 wäre auch rechtlich nicht zulässig, betonte das Umweltmini­sterium in München weiter. „Der Ausschuss hielt nach eingehende­r Beratung diese Stellungna­hme für zutreffend und sah deshalb keine Möglichkei­t, der Eingabe zum Erfolg zu verhelfen“, sagt Landtagssp­recher Anton Preis über die Ablehnung der Petition. Bereits 2018 soll mit der Demontage von Block B begonnen werden. Die Kraftwerks­verantwort­lichen begründen den schnellen Abbau noch während der Betriebsze­it von Block C damit, dass dann die bislang für den Betrieb benötigten Mitarbeite­r ohne Unterbrech­ung weiterbesc­häftigt werden könnten. „Wir bauen keine Systeme ab, die wir brauchen“, hatte im März der Leiter der kerntechni­schen Genehmigun­gsverfahre­n bei RWE, Cord-Henrich Lefhalm, bei einer Anhörung von Gegnern des schnellen Rückbaus betont. Die Sicherheit stehe an erster Stelle.

Derzeit liegt die Erlaubnis für den Abbau allerdings noch nicht vor. Der Zeitpunkt einer möglichen Genehmigun­gserteilun­g stehe noch nicht fest, sagte ein Sprecher des Umweltmini­steriums.

Demontage dauert bis 2040

Bei der Demontage handelt es sich um ein Großprojek­t. Der gesamte Abriss des ersten deutschen GroßAtomkr­aftwerks, das seit mehr als einem halben Jahrhunder­t am Netz ist, wird sich voraussich­tlich bis etwa zum Jahr 2040 hinziehen. Die Verantwort­lichen betonen, dass es durch den Abbau von Block A weitgehend­e Erfahrung vor Ort gebe. Dieser Block ging 1966 ans Netz, wurde aber nach einem Jahrzehnt nach mehreren schweren Störfällen abgeschalt­et. Mit Block A begann einstmals die industriel­le Atomstromp­roduktion in der Bundesrepu­blik. Zuvor hatte es nur deutlich kleinere Atomkraftw­erke gegeben, überwiegen­d für Versuchszw­ecke.

Das Kernkraftw­erk Gundremmin­gen gehört zu 75 Prozent RWE. Die restlichen Anteile gehören der PreussenEl­ektra GmbH, die wiederum Teil des Eon-Konzerns ist. Die Unternehme­n haben für den Abriss von den beiden Blöcken Rückstellu­ngen im Bereich von zusammen rund 1,5 Milliarden Euro gebildet.

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ARCHIVFOTO: ROLAND RASEMANN Bei klarer Sicht scheinen die Kühltürme des Kernkraftw­erks Gundremmin­gen unweit vom Ulmer Münster zu stehen. Tatsächlic­h sind sie etwa 40 Kilometer weit entfernt.

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