Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Mehr als 40 Tote bei Anschlag in Kabul
KABUL (dpa) - Mit einem weiteren Anschlag hat die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Kabul mehr als 40 Menschen ermordet und 84 weitere verletzt. Auch ein Attentäter starb. Der Mann habe sich am Donnerstagvormittag in einem Kulturzentrum der afghanischen Hauptstadt in die Luft gesprengt – als dann Menschen zu Hilfe eilten, seien vor dem Haus zwei weitere Bomben gezündet worden, sagte ein Sprecher des Innenministeriums.
Dem Sender Tolo TV zufolge war in dem Haus eine akademische Veranstaltung im Gang gewesen, bei der es um den 38. Jahrestag der sowjetischen Invasion von Afghanistan ging. Der Ministeriumssprecher sagte, die meisten Opfer seien „wissensdurstige junge Leute“gewesen.
Der IS meldete sich über die üblichen Kanäle im Internet zu Wort. Offenbar hatte er das Tabian-Kulturzentrum wegen seiner Kontakte zum Iran ins Visier genommen. In seiner Erklärung hieß es, das Zentrum sei eines der „großen Zentren zur Förderung der schiitischen Glaubensrichtung in Afghanistan“. Der schiitische Iran hat für den Kampf gegen den sunnitischen IS in Syrien Tausende Kämpfer rekrutiert – auch in Afghanistan.
Der Anschlag geschah in einem schiitischen Viertel von Kabul. Dort hat der IS in den vergangenen Monaten mehrere schwere Attentate verübt. Nicht weit vom Tatort hatte er im Oktober einen Selbstmordattentäter in eine schiitische Moschee geschickt. 71 Menschen starben.
Die Zahl und Wucht der Anschläge des IS sowie der Taliban in der Hauptstadt widerspricht auch der Darstellung der Bundesregierung, die nach Kabul weiterhin – in begrenztem Umfang – abgelehnte Asylbewerber abschiebt und in einer „Lagebeurteilung“vom August sagt, dass sich seit Ende 2014 die Bedrohungslage für Zivilisten in Afghanistan „nicht wesentlich verändert“habe.