Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Wir sehen uns als Stadt in der Verantwortung“
Baubürgermeister Christian Kuhlmann spricht über das umstrittene Bauprojekt im Jerseyweg in Biberach
BIBERACH - Für sechs Familien ist das Bauprojekt im Jerseyweg in Biberach zur finanziellen Katastrophe geworden (SZ berichtete). Was einst als preisgünstiges Bauen von der Stadt angepriesen wurde, entwickelte sich auch laut Baubürgermeister Christian Kuhlmann zum Desaster. Der Bauträger liefert nicht, die Häuser sind noch lange nicht fertig. Die Bauherren hoffen auf Unterstützung der Stadt, die sie jetzt auch bekommen sollen. Welche Möglichkeiten es gibt? Redakteurin Tanja Bosch hat mit Christian Kuhlmann gesprochen.
Herr Kuhlmann, das Thema hat in Biberach in den vergangenen Tagen hohe Wellen geschlagen. Sie haben zum Pressegespräch eingeladen, weil Ihnen noch einige Punkte wichtig sind. Welche denn?
Christian Kuhlmann: Es gibt wirklich wenige Projekte, die mich emotional so beschäftigen und mich schlecht schlafen lassen. Die Betroffenheit der Bauherren beschäftigt mich sehr, weil das Fehlverhalten der Firma sie in echte Bedrängnis stürzt. Die Stadt hat viel getan, um das Projekt ins Laufen zu bringen. Wir haben die Probleme nicht auf die leichte Schulter genommen und haben immer wieder versucht, zu vermitteln.
Wie wollte die Stadt das Problem lösen?
Wir haben im gemeinsamen Gespräch im November 2017 den Bauherren empfohlen, als Bauherrengruppe gemeinsam privatrechtlich die Erfüllung der geschuldeten Bauleistung einzuklagen. Außerdem haben wir weitere Lösungsansätze angesprochen. Für den Fall, dass es gelingt, das Vertragsverhältnis mit dem Bauträger Rimpex im gegenseitigen Einvernehmen aufzulösen, hat die Stadt weitere Hilfe angeboten. Wir könnten das Weiterbauen der Häuser als Bauherrengemeinschaft durch die Einbindung von Architekten beziehungsweise Baufirmen unterstützen. Auf diesen Vorschlag haben wir von den Bauherren bisher keine Rückmeldung mehr bekommen. Jetzt wollen wir noch einen Schritt weitergehen.
Wie sieht dieser Schritt aus?
Es sind mehrere Optionen. Eine Möglichkeit, die wir aktuell sehen, ist wie zuvor dargestellt, die Moderation und Unterstützung, wenn es um den Weiterbau geht. Sollten einzelne Bauherren das Projekt nicht weiterverfolgen wollen, besteht zudem die Möglichkeit, dass die Stadt das Grundstück zurückkauft, das Gebäude übernimmt und weiterbaut. Voraussetzung ist hier allerdings die Ermittlung des aktuellen Sachwerts durch einen externe Gutachter. Wir können nicht den gesamten Betrag erstatten, den die Bauherren eventuell bereits bezahlt haben. Auch können wir uns vorstellen, als Stadt direkt auf die Firma Rimpex zuzugehen, mit dem Ziel, eine einvernehmliche Vertragsauflösung zu erreichen. Darüber hinaus sehen wir noch weitere Optionen, die wir aber noch rechtlich prüfen müssen.
Wissen die Bauherren schon von dieser Idee?
Wir haben heute ein Mail an die Bauherren verschickt. Wir haben ein Treffen im Januar vorgeschlagen und wollen uns noch einmal mit den betroffenen Familien an einen Tisch setzen, um über diese zum Teil auch neuen Überlegungen zu sprechen. Im Anschluss wollen wir auf den Gemeinderat zugehen, um eventuell finanzielle Mittel bereitzustellen, die nötig sind, den Prozess zu unterstützen. Dabei geht es um mögliche Kosten für einen Anwalt, ein Architekturbüro oder auch einen externen Gutachter, der sich des Projekts annimmt. Uns liegt sehr daran, dass das Projekt Jerseyweg zu einem guten Abschluss kommt. Ziel ist es, den Schaden für die Bauherren so gering wie möglich zu halten. Aber hier sind wir rechtlich gebunden. Wir lassen von einem Anwalt prüfen, welche Möglichkeiten wir als Stadt in dieser Konstellation haben.
Im letzten Gespräch sagten Sie, dass die Stadt keine finanzielle Unterstützung leisten könne. Warum geht das plötzlich doch?
Wir können aus kommunal- und haushaltsrechtlichen Gründen in solchen Notsituationen nicht einfach Geld ausschütten, zumindest nicht so, wie es sich die Bauherren vielleicht wünschen. Wir können allerdings Kosten für Gutachten und planerische Leistungen übernehmen. Wir wollen alles tun, was rechtlich möglich ist, um den Betroffenen zu helfen. Wir sehen uns als Stadt in der Verantwortung, in dem uns gesetzten Rahmen das Projekt zu einem befriedigenden Ende zu bringen.
Ein Video mit dem Statement einiger Bauherren sehen Sie online unter