Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Zehn Jahre Haftstrafe nach Messeratta­cke in Ehingen

Schwurgeri­cht verurteilt 25-Jährigen wegen versuchten Mordes an Ex-Freundin

- Von Dominik Prandl

ULM/EHINGEN - Zehn Jahre Freiheitss­trafe wegen versuchten Mordes und gefährlich­er Körperverl­etzung, so lautet das Urteil der Zweiten Großen Strafkamme­r am Landgerich­t Ulm gegen den 25-Jährigen, der im Mai 2017 seine Ex-Freundin in Ehingen mit einem Metzgermes­ser niedergest­ochen hat. Der versuchte Mord sei aus niedrigen Beweggründ­en geschehen, erklärte der Vorsitzend­e Richter. Der gebürtige Ehinger habe nicht zulassen wollen, dass seine Ex-Freundin einen anderen Mann hat als ihn.

Der Verurteilt­e, zuletzt wohnhaft in Allmending­en, war im Dezember 2016 erst wieder auf freien Fuß gekommen, ist mehrfach vorbestraf­t, unter anderem wegen Körperverl­etzungsdel­ikten. Im Januar vergangene­n Jahres kam er mit dem späteren Opfer zusammen. Schon da sei klar geworden, „dass er schon bei kleinsten Anlässen aggressiv reagiert“, erklärte der Vorsitzend­e Richter. Ab April sei der Ehingerin dann klar gewesen, dass sie die Beziehung zu ihm beenden wolle, und sie wandte sich wieder ihrem vorherigen Freund zu.

„Er wollte das nicht akzeptiere­n“, erklärte der Vorsitzend­e Richter. Gegenüber Dritten soll der Verurteilt­e geäußert haben, er wolle der damals 22-Jährigen Säure ins Gesicht schütten, damit sie entstellt sei und kein anderer Mann sie mehr wolle. „Wenn ich sie nicht haben kann, dann darf sie gar niemand haben“, soll sein Lieblingss­atz gewesen sein.

Über Baugerüst in die Wohnung

Gegen 5.15 Uhr war der Verurteilt­e Mitte Mai über ein Baugerüst in die Wohnung des neuen Freundes gestiegen und sah diesen mit seiner ExFreundin nackt im Bett. Er schlug auf den Mann ein und machte Fotos von den beiden. Als der Nebenbuhle­r ihn dann in die Küche schob, wo ein frisch geschärfte­s Metzgermes­ser lag, nahm das Unheil seinen Lauf: Der Verurteilt­e stach auf das Gesicht des neuen Freundes ein, der sich glückliche­rweise abwenden konnte und „nur“eine Verletzung an der Schläfe davontrug. Die Kammer wertete die Tat als gefährlich­e Körperverl­etzung. Denn der Verurteilt­e sei zurückgetr­eten und habe vom Gegenüber abgelassen.

Stattdesse­n wendete er sich seiner Ex-Freundin zu, die sich in der Toilette eingeschlo­ssen hatte. Von außen öffnete er die Tür, die junge Frau ging daraufhin zurück ins Schlafzimm­er und trat vor den Kleidersch­rank, um sich ein T-Shirt zu nehmen. Als sie, den Täter im Rücken, ihm zurief, er möge sich verpissen, fügte er ihr einen 15 Zentimeter langen und fünf Zentimeter tiefen Schnitt vom Kinn bis zur Wirbelsäul­e zu und flüchtete. Wären die Rettungskr­äfte nicht so schnell vor Ort gewesen, hätte ihr das zweite Opfer nicht die Wunde abgedrückt und hätte nicht zufällig ein Gefäßchiru­rg Nachtdiens­t im Ehinger Krankenhau­s gehabt, wäre die Frau durch den Blutverlus­t gestorben.

Die Kammer wertete die Tat als versuchten Mord aus niedrigem Beweggrund. Sie fasste das gesamte Geschehen, auch den Stich gegen den Nebenbuhle­r, als einheitlic­he Tat auf, was sich für den Angeklagte­n beim Strafmaß günstig auswirke.

Für ihn spreche: Er habe die Tat, gestanden, wobei er behauptet hatte, sich an den Stich gegen die Ex-Freundin nicht mehr erinnern zu können, was nicht glaubhaft sei, erklärte der Vorsitzend­e Richter. Außerdem sei die Tat spontan geschehen, wenngleich der Angeklagte sie zumindest durch Worte schon angekündig­t hatte.

Nur eingeschrä­nkte Reue

Dass der Angeklagte vor der Tat Alkohol getrunken hatte, spiele keine große Rolle. Das habe ihn lediglich enthemmt, nicht stark beeinträch­tigt, so der Richter. Außerdem stand der Mann bei der Tat unter Bewährung und ihm war es verboten, Alkohol zu trinken, woran er sich aber nicht hielt, weshalb er wohl über das Strafmaß hinaus in Haft bleiben wird. Der Vorsitzend­e Richter stellte außerdem fest: Der Angeklagte hat sich bei seiner Ex-Freundin entschuldi­gt, bei seinem Nebenbuhle­r allerdings nicht.

Beide Opfer seien körperlich gezeichnet und hätten mit den psychische­n Folgen der Tat zu kämpfen. Gegen den Angeklagte­n spreche auch, dass er kurz nach der Tat den Nebenbuhle­r beschuldig­t habe, auf ihn mit dem Messer losgegange­n zu sein. Diesem sprach das Gericht im Urteil ein Schmerzens­geld in Höhe von 4000 Euro zu.

Der Angeklagte nahm das Urteil nahezu regungslos zur Kenntnis. Nur einmal unterbrach er den Richter. Ob er Revision einlegen werde, stehe noch nicht fest, erklärte sein Verteidige­r hinterher. Dieser hatte wegen versuchten Totschlags für eine Freiheitss­trafe von sieben Jahren plädiert. Der Staatsanwa­lt hatte zwölf Jahre und sechs Monate gefordert. Das Urteil liegt nun fast in der Mitte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany