Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Warten auf Versicherungsschutz
Trotz Hochwasserschutz sind Ober- und Unterried in der höchsten Gefährdungsklasse – Denn: Verfahren der Behörden ist noch nicht abgeschlossen
RIEDLINGEN - Behördliche Mühlen mahlen sorgfältig, aber langsam. Zu langsam findet der Riedlinger Martin Schlegel. Denn obwohl der Hochwasserschutz in Riedlingen im Mai fertig gestellt wurde und damit das Oberund Unterried ganz offiziell geschützt ist, sind die Anwohner noch immer in die schlechteste Kategorie eingestuft und erhalten keinen oder nur einen sehr teuren Versicherungsschutz gegen Überschwemmungen. Und warum? Weil das Fortschreibungsverfahren für den Hochwasserschutz offiziell noch nicht abgeschlossen ist und die Veränderung damit nicht in die Datenbanken der Versicherer hinterlegt wurde.
Martin Schlegel, der im Oberried wohnt, konnte es einfach nicht nachvollziehen. Nach einem Anruf bei seiner Versicherung bekam er die Auskunft, dass das Ober- und Unterried immer noch in der Zürs-Gefahrenklasse 4 sind, damit also weiterhin die schlechteste Einstufung haben. Zürs steht dabei für „Zonierungssystem für Überschwemmungsrisiko, Rückstau und Starkregen“. Häuser in „Zürs 4“werden von etlichen Versicherungen gar nicht gegen Überschwemmung versichert, andere tun dies. Allerdings gegen hohe Prämien und hohe Selbstbehalte. Die können schon mal bei 5000 Euro liegen.
Die Einstufungen der Zürs-Gebiete sind in einer Datenbank hinterlegt, die sich Zürs-Geo nennt. Zürs-Geo wird von allen Versicherern bei der Bewertung herangezogen, welches Gebäude in welchem Maße hochwassergefährdet ist, heißt es auf der Homepage des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und es helfe bei der Kalkulation des Versicherungsbeitrags, so die GDV weiter. „Zürs wird in der ganzen Branche eingesetzt“, sagt auch Sylvia Knittel, Pressesprecherin der Sparkassenversicherung. Das einzige in dem sich die Versicherer unterscheiden, sei die Annahmepolitik. Das heißt: Ob sie Gebäude in Zürs 3 oder Zürs 4 überhaupt versichern.
Widersprüchliche Angaben
Was also nicht in der Datenbank steht, ist versicherungstechnisch nicht Realität. Doch wie kommen die Veränderungen beim Hochwasserschutz in Riedlingen, in die Datenbank. „Der GDV nimmt die Daten der Wasserwirtschaftsämter“, sagt GDVPressesprecherin Kathrin Jarosch. Einmal im Jahr werden diese aktualisiert und dementsprechend können sich die Schadensklasseneinteilungen einmal im Jahr ändern.
Dirk Abel, Pressesprecher des Regierungspräsidium Tübingens zu dem der Landesbetrieb Gewässer gehört, widerspricht allerdings dieser Aussage des Ablaufs. „Von uns gehen keine Infos an das GDV-System der Versicherer weiter“, sagt er. Dagegen gibt es eine Hochwassergefahrenkarte (HWGK) des Landesamts für Umwelt Baden-Württemberg, in der die Gefahreneinschätzungen hinterlegt sind. Wobei auch diese Karten nicht rechtsverbindlich seien, sondern nur eine Darstellung für die Öffentlichkeit.
Doch auch unabhängig davon, ob die Versicherer die Daten nun direkt erhalten oder auf die Hochwassergefahrenkarten zurückgreifen – auch in diesen Gefahrenkarten ist für das Ober- und Unterried noch keine Entwarnung eingezeichnet. Allerdings hat der Bereich eine lila Markierung erhalten: Der sei dazu da, „um auf Änderungen durch umgesetzte Maßnahmen in der bestehenden HWGK zwischen Ersterstellung und Fortschreibung hinzuweisen“, so Abel. Dies lila Markierung wurde durch das Landratsamt Biberach für den Bereich Riedlingen eingegeben. „Dort ist für die Öffentlichkeit sichtbar, dass es einen möglichen Änderungsbedarf in der bestehenden HWGK für den Bereich Riedlingen gibt.“
Doch die Hochwassergefährdung in dem Bereich ganz aus der Karte zu entfernen – das ist aus Behördensicht derzeit noch nicht möglich. Denn das formelle Verfahren für die Erstellung der Hochwassergefahrenkarten sei noch nicht abgeschlossen. 2018 werden mit dem Landratsamt Biberach und der Stadt Riedlingen weitere Abstimmungen erfolgen, um zu prüfen wie und in welcher Form die nun umgesetzten Maßnahmen in Riedlingen in den Karten berücksichtigt werden können, heißt es vom Regierungspräsidium. „Dies wird jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen, da für die HWGK in diesem Bereich zusätzliche Berechnungen und Aufbereitungen durch weitere externe Ingenieurbüros notwendig sein werden“, so Abel.
Das heißt: Martin Schlegel und die anderen Anwohner werden wohl noch auf längere Sicht auf günstigen Versicherungsschutz warten müssen. Link zur Kartendarstellung: http://udo.lubw.baden-wuerttemberg.de/public/q/aaSfz).