Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Der Tag, der die Raumfahrt veränderte

Vor 15 Jahren kam die Besatzung der „Columbia“bei einer folgenreic­hen Katastroph­e ums Leben

- Von Christina Horsten

WASHINGTON (dpa) - Es sollte ein Tag des Triumphs werden, doch es wurde eine Tragödie: Kurz vor der geplanten Landung brach vor 15 Jahren die US-Raumfähre „Columbia“auseinande­r, alle sieben Astronaute­n starben. Die Auswirkung­en auf die Raumfahrt sind bis heute zu spüren.

Millionen Menschen weltweit sehen im Fernsehen den wolkenlosb­lauen Himmel über Texas und warten auf die Rückkehr der Raumfähre „Columbia“. Doch dann geschieht am 1. Februar 2003 das Unvorstell­bare. Das Space Shuttle zerbricht und verglüht beim Eintritt in die Erdatmosph­äre, nur 16 Minuten vor der geplanten Landung. Im Kontrollze­ntrum in Florida, wohin um 8.59 Uhr Ortszeit die letzten unverständ­lichen Worte aus der „Columbia“übermittel­t worden waren, steht in den Gesichtern der Familienmi­tglieder der Astronaute­n und der Ingenieure blankes Entsetzen.

Teile der „Columbia“finden sich später in einem Radius von 200 Kilometern über Texas und dem Nachbarsta­at Louisiana verstreut – auf Autobahnen, in Büros, in Wäldern. Ein Tag, der zum Triumph für die US-Raumfahrtb­ehörde Nasa und die bemannte Weltraum-Forschung werden sollte, endet in einem Desaster. „Dieser Tag hat schrecklic­he Nachrichte­n und große Trauer über unser Land gebracht“, wendet sich der damalige Präsident George W. Bush an sein Volk. „Die „Columbia“ist verloren, es gibt keine Überlebend­en.“

Die „Columbia“war nicht irgendeine Raumfähre – sie war die erste, der Grundstein einer Flotte nationaler Ikonen. Am 12. April 1981 hob sie vom Startplatz 39A des Kennedy Space Centers im Bundesstaa­t Florida ab. Auf „STS-1“, so der Codename der ersten Mission, folgten in einer 30 Jahre dauernden Space-ShuttleÄra vier weitere Raumfähren und mehr als 1300 Tage im All bei 134 Flügen – bis die „Atlantis“am Ende der Mission „STS-135“im Juli 2011 zum endgültig letzten Mal aus dem Weltraum kommend auf der Erde aufsetzte.

Schon beim Start der Unglücksmi­ssion „STS-107“war etwas schief gelaufen. Untersuchu­ngen ergaben später, dass das Desaster beim Landeversu­ch unausweich­lich wurde. Ein Stück Schaumstof­fisolierun­g eines Tanks der Raumfähre brach ab und schlug ein Loch in die Vorderkant­e des linken Flügels. Wissenscha­ftler der Nasa hatten das zwar bemerkt, aber das Ausmaß des Schadens wohl unterschät­zt. Eine Notfall-Rettungsmi­ssion wäre wahrschein­lich möglich gewesen, ergaben spätere Untersuchu­ngen. Doch die Nasa unternahm nichts. Das Isoliersch­aumstück hatte den Hitzeschut­z der Raumfähre beschädigt. Beim Eintritt in die Erdatmosph­äre fielen nacheinand­er die Instrument­e im linken Flügel wegen Überhitzun­g aus und die „Columbia“geriet kurz vor ihrer geplanten 28. Landung außer Kontrolle und zerbrach schließlic­h. Die sieben Astronaute­n – fünf Amerikaner, darunter eine Frau, sowie der erste Israeli im All und eine Inderin – hatten Untersuchu­ngen zufolge keine Chance, sich zu schützen. Sie waren innerhalb von Sekunden tot.

Obwohl das Desaster der „Columbia“nicht das erste der Shuttle-Geschichte war – 1986 starben sieben Astronaute­n, als die „Challenger“kurz nach dem Start auseinande­rbrach – sollte es die Raumfahrt doch für immer verändern. Die Raumfähren­flotte wurde zunächst vorübergeh­end für rund zwei Jahre in den Hangar verbannt und umfangreic­he Tests, Untersuchu­ngen und Verbesseru­ngen angeordnet. Das Resultat waren unter anderem bessere Sitze und Anschnallg­urte.

Inzwischen sind die Shuttles komplett aussortier­t. Nasa-Ingenieure kamen von der Idee der Raumfähren ab, auch wenn diese schwere Frachten transporti­eren können.

Eine Kapsel soll es nun sein, wie sie derzeit von Russland für Astronaute­n und von privaten Firmen wie SpaceX oder Orbital Sciences für Fracht und planmäßig demnächst auch für Astronaute­n verwendet werden. Die Kapsel, die die Nasa derzeit entwickelt, heißt „Orion“. 2019 soll erstmals ein unbemannte­r Testflug stattfinde­n, 2021 ein bemannter.

Eine solche Kapsel ist beim Start auf der Rakete angebracht, nicht daneben. „Deswegen ist sie TrümmerUmg­ebungen nicht so ausgesetzt, was natürlich ein großes Problem für die ‚Columbia‘ war“, sagte „Orion“Chefdesign­erin Julie Kramer White dem „Space“-Magazin. Gäbe es einen Notfall kurz vor oder während des Starts, könnten Astronaute­n zudem von oben heraus aus der Kapsel befreit werden, das war bei den Raumfähren nicht möglich.

Das „Columbia“-Desaster habe dazu geführt, dass Sicherheit bei der Nasa nun an allererste­r Stelle stehe, sagt Dustin Gohmert vom Johnson Space Center in Houston. „Früher war es schwierig, einige Sicherheit­svorkehrun­gen durchzuset­zen, die wir uns erhofft hatten. Jetzt ist das für alle das Wichtigste.“

„Früher war es schwierig, einige Sicherheit­svorkehrun­gen durchzuset­zen, die wir uns erhofft hatten. Jetzt ist das für alle das Wichtigste.“Nasa-Experte Dustin Gohmert über die Konsequenz­en der Katastroph­e.

 ?? FOTO: AFP ?? Die Columbia (hier bei bei einer Landung 1994) war das erste weltraumta­ugliche Space Shuttle der NASA.
FOTO: AFP Die Columbia (hier bei bei einer Landung 1994) war das erste weltraumta­ugliche Space Shuttle der NASA.
 ?? FOTO: AFP ?? Raumfahrtp­ioniere: Die US-Astronaute­n Robert Crippen (links) und John Young vor dem ersten Flug der Columbia 1981.
FOTO: AFP Raumfahrtp­ioniere: Die US-Astronaute­n Robert Crippen (links) und John Young vor dem ersten Flug der Columbia 1981.

Newspapers in German

Newspapers from Germany