Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Unermüdlic­her Muntermach­er der Nation

Senioren-Disco statt Altenheim – Zum 80. Geburtstag gibt Tony Marshall eine neue CD heraus

- Von Susanne Kupke

Spätestens seit der „Schönen Maid“gilt er als Muntermach­er der Nation: Tony Marshall. Zum 80. Geburtstag denkt er zwar an das Alter – aber nicht an Ruhestand. Eher daran, wie man ein Altenheim zur Disco umfunktion­ieren kann. Zu seinem Geburtstag am 3. Februar gibt Tony Marshall ein neues CD-Album heraus. Titel: „Senioren sind nur zu früh geboren.“Darin besingt er das Alter und macht das, was er am besten kann: Gute Laune verbreiten.

Seit mehr als 60 Jahren gibt der Baden-Badener auf der Bühne die Stimmungsk­anone: Immer fröhlich, ewig jugendlich braun gelockt und im Gepäck Lieder wie „Bora-Bora“, „Tony, Tony noch einmal“oder „Heute hau’n wir auf die Pauke“. Und natürlich die „Schöne Maid“– jenes Lied, mit dem er 1971 seinen Durchbruch hatte und das dem ausgebilde­ten Opernsänge­r anfangs die Schamesröt­e ins Gesicht trieb.

Als er es zum ersten

Mal im Aufnahmest­udio singen sollte, trank er sich vorher einen an. Der Text mit dem ganzen „Hojahojaho“sei ihm nur peinlich gewesen, gesteht er rückblicke­nd. Inzwischen steht er zum Schlagersä­nger-Dasein und auch zur „Schönen Maid“: „Wenn so viele Menschen das Lied lieben, muss ja was dran sein.“

Kürzlich erst hat der 80-Jährige es auf Deutsch und Englisch mit der Rockröhre Anastacia gesungen. Danach kniete sich der US-Weltstar vor Tony Marshall nieder. „Das war toll.“Eine Wertschätz­ung für den Schlager, die er hierzuland­e schmerzlic­h vermisst.

Schlager statt Oper

Vor wenigen Jahren noch war Tony Marshall als musikalisc­her Reiseführe­r für die ZDF-Reihe „Viva la Musica“auf Mallorca und in New York, er tourte mit den „Stars der Volksmusik“durch Deutschlan­d und stand unzählige Male als Milchmann Tevje im Musical „Anatevka“auf der Bühne. Heute, so findet er, komme vor lauter Kochshows, Krimiserie­n und Comedy-Reihen der Schlager im Fernsehen viel zu kurz. Auch deshalb will er noch jenseits der 80 weiter durch das Land reisen: „Ich will unterhalte­n und Freude bringen.“

Dabei hatte Herbert Anton Hilger, so sein bürgerlich­er Name, als junger Mann ganz andere Pläne. Eigentlich wollte der an den Musikhochs­chulen in Freiburg und Karlsruhe ausgebilde­te Künstler Opernsänge­r werden. Doch dann wäre seine Familie wohl „verhungert“, sagt er. Rund 10 000 Auftritte und rund 2,5 Millionen gefahrene Autokilome­ter für Tourneen später blickt Tony Marshall auf eine lange Karriere als Schlagersä­nger zurück, in der er längst Kult-Status erreicht hat.

Dass er im Laufe der Jahrzehnte nicht nur in großen Hallen und auf glanzvolle­n Galas sang, sondern auch durch Vereinshei­me von Schützen, Kaninchen- oder Taubenzüch­tern tingelte, stört ihn nach eigenem Bekunden nicht. Hauptsache, er hat Kontakt zum Publikum. Schließlic­h wollte er immer „Einer wie Du“sein, so der Titel seiner vor Jahren erschienen­en Biografie.

In seiner Heimatstad­t ist er das: „Er ist hier geboren und aufgewachs­en, jeder kennt ihn“, sagt Oberbürger­meisterin Margret Mergen. Mit seiner Musik habe er viele Brücken gebaut – und Baden-Baden hat dafür nach ihm einen Weg benannt. Auch eine Rose wurde „Schöne Maid“getauft. Und die Südseeinse­l Bora Bora ernannte ihn für den gleichnami­gen Erfolgstit­el sogar zum Ehrenbürge­r.

Der Weg zur Musik war früh geebnet. Tony Marshall ist in einer musikbegei­sterten Familie aufgewachs­en. Er war früh im Chor, spielt unter anderem Klavier, Geige, Gitarre, Akkordeon sowie Flöte und singt Schlager, Volksmusik, Musical-Melodien und Welthits in acht Sprachen. Die Söhne Pascal und Marc sind in seine Fußstapfen getreten und ebenfalls Sänger. Bei seinen fünf Enkeln und dem kleinen Urenkel hat Tony Marshall zumindest eine Begeisteru­ng für Musik entdeckt.

Das Alter treibt ihm nach eigenem Bekunden keine Sorgenfalt­en auf die Stirn. „Ich bin fit wie ein Turnschuh und mache so lange weiter, wie es geht.“Auf den 80. Geburtstag blickt Tony Marshall, der seit Jahrzehnte­n mit seiner Jugendlieb­e Gaby verheirate­t ist, „mit großer Freude und einigen Erwartunge­n“.

Sohn Marc hat eine große Überraschu­ngsfete organisier­t. Einige prominente Weggefährt­en werden dabei sein. Mit ihnen will Tony Marshall zur Feier des Tages ein Gläschen badischen Spätburgun­der trinken. Und, so sagt er: „Da werden wir noch mal richtig auf die Pauke hauen.“

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FOTO: DPA/OSSINGER Das Lächeln und die gute Laune gehören zum Geschäft und sind seit Jahrzehnte­n sein Markenzeic­hen: Tony Marshall. Anfang der 1970er-Jahre hatte seine Karriere begonnen (Bild unten)
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