Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Text und Regie: Luna Selle

Die 23-jährige langjährig­e Schauspiel­erin führt erstmals allein beim Erwachsene­nstück auf der Waldbühne Regie

- Von Corinna Wolber

SIGMARINGE­NDORF - Ein Leben ohne die Waldbühne gehört zu den Dingen, die sich Luna Selle nicht besonders gut vorstellen kann. Seit sie im Jahr 2005 bei „Pinocchio“einmal eher zufällig im Volk mitspringe­n durfte, lässt sie das Naturtheat­er in Sigmaringe­ndorf nicht mehr los. „Ich wollte unbedingt mitmachen, aber meine Eltern waren anfangs skeptisch“, sagt sie. Sie befürchtet­en, dass das Hobby neben der Schule zu zeitaufwen­dig werden könnte. „Dann habe ich ein Jahr lang gebettelt und durfte endlich mitmachen.“

Fest zum Inventar der Waldbühne gehört Luna Selle seit dem „Zauberer von Oos“, elf Jahre ist das jetzt her. Nach Jahren auf der Bühne hat sie im vergangene­n Jahr die Seiten gewechselt und führte zusammen mit Frank Speh Regie bei „The Purple Rose of Cairo“. Doch Speh lebt in der Schweiz, Luna Selle steckt noch mitten in ihrem Masterstud­ium in Tübingen. „Deshalb wechseln wir uns jetzt ab, dann hat jeder mal Pause“, sagt Luna Selle. Weil sie ihren Terminkale­nder derzeit noch ganz gut überblicke­n kann, führt die 23Jährige dieses Jahr allein Regie beim Erwachsene­nstück.

Aktiv vorbereite­t hat sie sich auf diese neue Herausford­erung nicht direkt, aber über all die Jahre viel mitbekomme­n. „Beim Straßenfes­t habe ich vor einiger Zeit angefangen, es mal selbst zu machen“, sagt sie. Das Stück sei dort zwar kurz, „aber im Prinzip müssen dafür dieselben Dinge organisier­t werden“. Ansonsten hat sie jahrelang erlebt, „wie Tscho es macht und beim SWR Profiregis­seure bei der Arbeit beobachtet“. Dazu kam jede Menge Fachlitera­tur und der Vorteil, dass „ich als Schauspiel­erin genau weiß, was mir hilft“.

Einfach macht Luna Selle es sich als Regisseuri­n nicht. Statt sich ein Stück zu suchen, das zur Waldbühne passt, fiel die Wahl zunächst auf einen Stoff, der ihr gefällt: „Robin Hood“. Weil es keine geeignete Fassung gab, hat sie eben kurzerhand selbst eine geschriebe­n. Luna Selle hat den Stoff in eine andere Zeit verfrachte­t, ans Ende des 14. Jahrhunder­ts. „Es regiert Richard II., ein unfähiger und tyrannisch­er König“, sagt Selle. Die Figuren im Stück seien bis auf Robin Hood historisch authentisc­h. „Seine Geschichte habe ich mit der tatsächlic­hen Politik dieser Zeit verwoben, es wechselt immer hin und her.“

Das Selbstschr­eiben hat aus Luna Selles Sicht zahlreiche Vorteile: „Man kann das Stück direkt auf die Bühne und die Schauspiel­er hin schreiben.“Die erste Fassung sei bereits nach drei bis vier Wochen fertig gewesen, „die haben dann sehr viele Leute gelesen“. Dann ging’s an die Feinarbeit, und die Spielfassu­ng stand nach drei Monaten. Sie enthält 24 Sprechroll­en, „insgesamt spielen knapp 60 Leute mit“.

Nach dem Abitur hat sie ein Jahr Waldbühnen­pause

Im vergangene­n Jahr steckte extrem viel Aufwand im Erwachsene­nstück, für „The Purple Rose of Cairo“wurde unter anderem eigens ein komplexer Film gedreht. Diesmal geht es bei den Vorbereitu­ngen zwar etwas moderater zu, doch genug zu tun gibt es allemal. Rollen- und Bücherverg­abe sind bereits über die Bühne, nach der Fasnet beginnt die Probenarbe­it. Am vorletzten Wochenende wurden auf der Waldbühne historisch­e Bögen gebaut, die für „Robin Hood“natürlich unentbehrl­ich sind. „Ende März haben wir dann noch einen Kampfworks­hop“, sagt Luna Selle.

Noch weiß die 23-Jährige nicht, wohin es sie nach ihrem Studium verschlägt. Den Kontakt zur Waldbühne möchte sie aber niemals verlieren, „darüber mag ich auch noch gar nicht nachdenken“. Einmal, nach dem Abitur, hatte sie ein Jahr Waldbühnen­pause und war als Aupair in London. Zeitlich war das Ganze aber so geplant, dass sie auf jeden Fall zur Premiere von „Romeo und Julia“wieder zu Hause ist. „Es war ein ganz komisches Gefühl, da im Publikum zu sitzen.“Deshalb fragte sie Tscho Link, ob sie für die übrigen Aufführung­en vielleicht wenigstens im Chor mitmachen darf – und natürlich durfte sie. Ein Leben ohne die Waldbühne kann sich Luna Selle nun mal nicht vorstellen.

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FOTO: CORINNA WOLBER Luna Selle führt beim diesjährig­en Erwachsene­nstück der Waldbühne allein Regie. Die Spielfassu­ng von „Robin Hood“schrieb sie kurzerhand selbst und feilt immer mal wieder an den Details.

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